„Ob ich schuld am Tod bin? Da muss ich Jein sagen“
Chef schickte Arbeiter aufs Dach, dieser stürzte in den Tod. Vorgeschriebene Sicherungsmaßnahmen wurden ignoriert.
Das Tragischste an der Geschichte ist, dass sie so einfach zu vermeiden gewesen wäre. Sie aber haben als Arbeitgeber die Sicherheitsbestimmungen vernachlässigt. Es war Ihre Pflicht, damit Ihrem Arbeiter nichts passieren kann“, sagt Staatsanwältin Katharina Tauschmann in ihrem Plädoyer.
Es ist aber doch etwas Tragisches passiert. Anfang November im Bezirk Graz-umgebung. Das Ende des Arbeitstages war eingeläutet, die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Da wies der Chef seinen Arbeiter an, noch einmal aufs Flachdach zu steigen, um etwas zu erledigen. Dabei stürzte der Ungar vom Dach und fiel laut Polizei 5,30 Meter tief auf den Boden. Der Hilfsarbeiter fiel ins Koma, nach 55 Tagen seinen schweren Verletzungen.
Wegen grob fahrlässiger Tötung findet sich nun der Chef, ein 51 Jahre alter Türke, am Straflandesgericht wieder. Er war Subunternehmer auf der Unglücksbaustelle. „Fühlen Sie sich schuldig?“, fragt ihn Richter Oliver Graf. Der Beschuldigte überlegt etwas: „Da muss ich Jein sagen.“Also schuldig und nicht schuldig. Weil, so seine Erklärung: „Ich habe dem Mann schon in der Früh gesagt, dass es keine Absturzsicherung gibt. Aber das Dach ist ja auch 500 Quadratmeter groß – weil er nur in der Mitte arbeitete, sah ich auch keine Gefahr.“
„Sie kennen aber schon die Bauarbeiterschutzverordnung? Sie wissen, dass man eine Sicherung benötigt, egal wo am Dach gearbeitet wird?“– „Ja, es war mein Fehler“, zeigt sich der Türke einsichtig.
Warum er seinen Arbeiter nochmals auf das Dach schickte, obwohl die Arbeiten für den Tag eigentlich erledigt waren? „Es ging darum, abzuzählen, ob wir für den nächsten Tag noch Leisten benötigen.“Um das auf dem Dach zu erkunden, wäre es laut dem Angeklagten aber nicht zwingend nötig gewesen, an den Rand des Dachs zu geerlag hen. Wie es dann genau zu dem tödlichen Sturz kam, blieb bei der Verhandlung offen – es gab keine Augenzeugen. Der leichte Regen, der mehrere Stunden zuvor gefallen war, und die rutschige Plastikfolie könnten eine Rolle gespielt haben. ichter Oliver Graf verurteilt den 51-Jährigen schließlich zu sechs Monaten bedingter Haft und 1200 Euro Geldstrafe: „Eine grobe Fahrlässigkeit liegt vor. Sie kennen die Sicherheitsbestimmungen und hatten die Möglichkeit, den Leuten eine Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Ich erkenne aber auch, dass Sie äußerst aktiv zur Aufklärung beigetragen haben – Sie haben niemals versucht, etwas zu vertuschen oder zu beschönigen.“
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