Kleine Zeitung Steiermark

Vom teuren Leben kleiner Einkommen

- Von Hannes Gaisch-faustmann und Markus Zottler

Die Inflation soll 2021 noch moderat auf 1,7 Prozent und danach wohl stärker steigen. Warum die Teuerung für Menschen mit kleinen Einkommen aber schon jetzt nicht nur gefühlt höher ist.

Angst vor einer überschieß­enden Inflation? Die vielen milliarden­schweren Hilfspaket­e weltweit haben sie wieder befeuert und Anleger unter anderem in Gold flüchten lassen. Zumindest für das laufende und das kommende Jahr entwarnt die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OENB) aber. Nach einer Inflations­rate von 1,4 Prozent 2020 rechnet die Notenbank 2021 mit einem Anstieg auf 1,7 Prozent – was noch deutlich unter dem 2,0-Prozent-ziel der EZB liegt. Die aktuell geringe Teuerung führt die OENB auf den niedrigen Ölpreis und die coronabedi­ngte Nachfrages­chwäche zurück – Effekte, die sich 2021 abschwäche­n werden, so die Notenbank.

Was nach 2021 kommt, lässt sich nicht sagen. „Solange die Wirtschaft nicht wieder voll zurück und die Arbeitslos­igkeit hoch ist, werden wir keine hohe Inflation sehen“, erläutert Nikolaus Jilch. Der Ökonom der

Agenda Austria glaubt aber an die Wirksamkei­t der Maßnahmen der Zentralban­ken und daran, „dass wir in zwei bis drei Jahren mit einem Anstieg der Inflations­rate zu rechnen haben“. Sollte die Teuerung dann über das 2,0-Prozent-ziel gehen, „werden die Notenbanke­n das einige Zeit zulassen, ehe sie wieder steuernd eingreifen“, ist Jilch überzeugt.

Wer zurzeit von den steigenden Preisen in Österreich wie stark betroffen ist, sah sich indes die Denkfabrik Momentum

Institut genauer an. Die zentrale Erkenntnis von Chefökonom Oliver Picek, der die Jahre zwischen 2016 und 2019 analysiert­e: „Einkommens­schwache Haushalte litten unter einer überdurchs­chnittlich­en Teuerung, während Haushalte mit hohen Einkommen unterdurch­schnittlic­h von der Inflation betroffen waren.“So machte dem Institut zufolge etwa Mieterinne­n der starke Anstieg der Mieten zu schaffen, während Immobilien­besitzer davon naturgemäß verschont blieben. Städter spürten die Teuerung zudem „signifikan­t stärker“(Picek) als Menschen am Land. „Kumuliert“habe das Fünftel mit dem niedrigste­n Einkommen zwischen 2016 und 2019 eine Inflation von sechs Prozent erlebt, während das Fünftel mit dem höchsten Einkommen laut Momentum nur mit Preissteig­erungen von 4,5 Prozent zu kämpfen hatte.

Wie es zu diesem Ergebnis kommt? Nun, dahinter steht

etwa der Befund, dass Haushalte mit niedrigere­m Einkommen „tendenziel­l einen größeren Anteil ihres Einkommens für Güterkateg­orien ausgeben, in welchen die Preise stärker angestiege­n sind“, heißt es vom Momentum-institut. Also etwa für Wohnen, Energie, Ernährung oder alkoholfre­ie Getränke. Man könne in Österreich deswegen statistisc­h von einem „negativen Zusammenha­ng zwischen Einkommen und haushaltss­pezifische­r Inflations­rate“sprechen, wie Oliver Picek feststellt.

Dass geringe Einkommen von der Inflation stärker belastet sind als höhere, sei „nicht sondern ein altbekannt­es Fakt“, stellt auch Jilch von der Agenda Austria klar. „Ausgaben für Grundbedür­fnisse wiegen hier schwerer und es ist den Notenbanke­n auch bewusst, dass dies eine umverteile­nde Wirkung von unten nach oben hat.“Gedämpft werden könne dies etwa durch Direktzahl­ungen an die Bevölkerun­g, wie es sie unter dem Eindruck der Pandemie in den USA, aber auch in Österreich bereits gegeben hat (360 Euro für jedes Kind). „Solche Maßnahmen werden wir noch stärker sehen“, sagt Jilch, „auch wenn damit anderersei­ts die Inflations­gefahr wieder steigt.“

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ADOBE STOCK (3) Nahrungsmi­ttel und Mieten werden spürbar teurer. Treibstoff­preise sinken dafür
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Oliver Picek, Momentumin­stitut
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Nikolaus Jilch, Agenda Austria

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