Kleine Zeitung Steiermark

Am Ende ging Thiem die Luft aus

- Von Michael Schuen

5:08 Stunden! Dominic Thiem ging am Ende des Kampfes gegen seinen Freund Diego Schwartzma­n der Saft aus – der Traum vom Paris-sieg endete heuer im Nieselrege­n.

Im Tennis gibt es die Möglichkei­t, gegen eine Wand zu spielen. Jeder Ball kommt da zurück. Manchmal wird sich Dominic Thiem im kalten Nieselrege­n dieses Oktobertag­es in Paris gedacht haben, dass der nur 1,70 Meter große Diego Schwartzma­n auf der anderen Seite des Platzes eine Wand ist. Oder fast zumindest. Mitunter hatte man das Gefühl, dass der Argentinie­r alles zurückbrac­hte. Jeden Ball, auch wenn Thiem noch so hart draufdrosc­h.

Doch die angesproch­enen Bedingunge­n – windig, kalt, nass – ließen viel der Energie, die Thiem in die Bälle legte, verpuffen. Und so erhielt Schwartzma­n die Chance, die Bälle zu bringen. Das tat er – wie eine Wand. Manchmal unangenehm, manchmal schnell. Gut, fehlerfrei agierte auch Schwartzma­n gegen den offensicht­lich nach den Strapazen der vergangene­n Wochen angeschlag­enen Thiem nicht. Vor allem dann, wenn er in Führung war, bröckelte die Wand mitunter im Versuch, selbst initiativ zu werden. Doch

meist hielt sie stand. Meist wieselte einer der besten Freunde von Thiem schneller über den Platz, als man es annehmen mochte.

65, das sind keine Maße, sondern es sind die Minuten, die sich die beiden in den ersten vier Sätzen beharkten. Intensive Ballwechse­l, nur ein Satz, der nicht ins Tiebreak ging. Nicht immer hochklassi­g, zu hoch war die Fehlerquot­e, aber immer packend. Und nach exakt 5:08 Stunden (!) war es so weit, Schwartzma­n verwertete seinen ersten Matchball. Bezeichnen­d: Der Stopp von Thiem schaffte es fast nicht mehr über das Netz. Die Luft war draußen. Thiem war streichfäh­ig und geschlagen. „Es war das erste Match für mich über fünf Stunden in meiner Karriere, ziemlich brutale Bedingunge­n, eine richtige Achterbahn-fahrt“, sagte er. Und der überglückl­iche Schwartzma­n meinte nur: „Ich

Herren, Viertelfin­ale:

Diego Schwartzma­n (ARG/12) – Dominic Thiem (AUT/3) 7:6 (1), 5:7, 6:7 (6), 7:6 (5), 6:2; Jannick Sinner (ITA) – Rafael Nadal (ESP/2) Nacht.

Heute: Rublew (RUS/13) – Tsitsipas (GRE/ 5), Djokovic (SRB/1) – Carreno Busta (ESP/17)

Damen, Achtelfina­le:

Danielle Collins (USA) – Ons Jabeur (TUN/ 30) 6:4, 4:6, 6:4.

Viertelfin­ale:

Nadia Podoroska (ARG) – Elina Switolina (UKR/3) 6:2,6:4; Iga Swiatek (POL) – Martina Trevisan (ITA) Nacht.

Heute: Kvitova (CZE/7) – Siegemund (GER) Collins (USA) – Kenin (USA/4)

hab hier, auf diesem Platz, schon zweimal in fünf Sätzen verloren. Heute habe ich erstmals so ein Spiel gewonnen. Und ehrlich: Ich glaub, ich hab es verdient.“Zuvor hatte der Österreich­er, als er zum Netz ging, dem Konkurrent­enfreund gratuliert: „All good“, alles gut, sagte er, als er den 28Jährigen auf die Reise in sein erstes Grand-slam-halbfinale schickte. Und Thiem? Scheiterte am fünften Semifinale in Paris in Folge. Aber es war ein würdevolle­s Scheitern. Gegen eine echte Wand.

Der Wille, der war Dominic Thiem anzumerken, bis zuletzt. Er saugte alles aus sich heraus, pushte, wann immer es ging. Doch letztlich reichte es nicht. „Natürlich“, sagte er, „fühle ich mich jetzt schlecht und leer, aber auf der anderen Seite habe ich absolut alles gegeben, was gegangen ist. Ich habe mir wenig vorzuwerfe­n.“

Es ist nicht leicht, zu sagen, ob es leichter ist, gegen einen Freund zu verlieren. Gegen einen, der Thiem nach dem Spiel „zu einem der besten Spieler derzeit“adelte, von „unglaublic­h großem Respekt“sprach. Aber auch gegen einen, der nun in seinem ersten Halbfinale wohl Rafael Nadal fordern wird, den er in Rom schon geschlagen hat. Thiem? Wird sich das sicher anschauen. Zu Hause.

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 ?? EXPA, AP ?? Was für ein Kampf! Nach 5:08 Stunden musste Dominic Thiem in Paris die Segel streichen, kein fünftes Halbfinale in Serie – und Diego Schwartzma­n jubelte
EXPA, AP Was für ein Kampf! Nach 5:08 Stunden musste Dominic Thiem in Paris die Segel streichen, kein fünftes Halbfinale in Serie – und Diego Schwartzma­n jubelte

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