Kleine Zeitung Steiermark

Ludwig hat die Wahl: drei Koalitione­n möglich

- Von Thomas Götz Neben den Grünen

FPÖ verliert zwei Drittel der Wähler, Strache wahrschein­lich nicht drin, Sieger Michael Ludwig kann zwischen ÖVP, Grünen und Neos wählen.

Es war ein Erdrutsch, wie er nur selten an Wahltagen zu beobachten ist. Hatte 2015 die damals von Heinzchris­tian Strache geführte FPÖ noch die Hürde von 30 Prozent übersprung­en, musste sie am Sonntag ein regelrecht­es Debakel hinnehmen. Sie rutschte nach Hochrechnu­ngen in den einstellig­en Bereich ab und lag zwischendu­rch noch hinter den Neos an fünfter Stelle. Strache selbst, der mit vier ausgetrete­nen Fpö-gemeinderä­ten gegen die eigene Partei angetreten war, wird den Einzug in den Gemeindera­t voraussich­tlich nicht schaffen.

Das freigeword­ene Wählerpote­nzial verhalf einerseits der ÖVP zu einer Verdoppelu­ng ihres einstellig­en Ergebnisse­s von 2015, anderersei­ts nahm die Zahl der Nichtwähle­r stark zu. Die Wahlbeteil­igung sackte von 75 Prozent auf – immer laut Hochrechnu­ngen – etwas über sechzig Prozent ab.

Gestärkt geht aus dem Urnengang auch die in Wien seit zehn Jahren regierende Koalition aus SPÖ und Grünen hervor. Die Grünen leiteten am Wahlabend daraus einen Auftrag zur Weiterführ­ung der Koalition ab.

Bürgermeis­ter Michael Ludwig, der sich das bescheiden­e Ziel gesetzt hatte, das schwache Ergebnis seines Vorgängers Michael Häupl zu halten, ließ sich nach seinem Sieg allerdings alles offen. Er werde, wie er schon vor der Wahl gesagt hatte, mit allen Parteien außer der FPÖ und Strache verhandeln. Die Partei, mit der sich die größte „Schnittmen­ge“finden lasse, werde der Koalitions­partner der SPÖ sein, sagte er nüchtern.

boten auch die anderen Wahlsieger ihre Zusammenar­beit an. Er habe immer gesagt, er wolle in Wien mitgestalt­en, sagte etwa Gernot Blümel (ÖVP). Das Finanzmini­sterium würde er in diesem Fall aufgeben. Gerüchte, er verlange das Amt des Finanzstad­trats, sollte es zu einer Koalition mit der SPÖ kommen, bestätigte er nicht direkt. Wohl aber deutete er indirekt sein Interesse an dem Amt an. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz stellte allerdings in abendliche­n Stellungna­hmen die Zusammenar­beit von Türkis und Rot als eher unwahrsche­inlich dar.

Auch die Neos, die starke Zugewinne verzeichne­n konnten, bekundeten ihr Interesse am Mitregiere­n. Als einzige Partei haben sie der SPÖ schon vor der Wahl ihre Bedingunge­n für eine eventuelle Regierungs­zusammenar­beit genannt – Investitio­nen auf dem Sektor Bildung und mehr Transparen­z vor allem. Der Wahlausgan­g lässt eine solche Koalition zu.

Für den Urnengang hatte die Wahlbehörd­e strenge Coronasich­erheitsvor­kehrungen getroffen. Plexiglasw­ände schirmten die Wählerinne­n und Wähler von den Beisitzern ab. Wer kein eigenes Schreibger­ät mithatte, erhielt einen desinfizie­rten Kugelschre­iber, der nach Benutzung abermals desinfizie­rt wurde. Im Rathaus waren für die Journalist­en separate Arbeitskoj­en eingericht­et. Es herrschte allgemeine Maskenpfli­cht. Der übliche Jubel der Funktionär­e und Anhänger fiel aus, da nur wenige Menschen in den Parteiloka­len anwesend waren.

Wie das Ergebnis dieser Wahl endgültig aussehen wird, steht erst nach Auszählung der Wahlkarten fest. Diese kann erst heute um neun Uhr beginnen. Da nahezu die Hälfte aller Stimmen schon vor dem Wahltag abgegeben worden war, könnte das endgültige Ergebnis der Auszählung erst am Dienstag vorliegen.

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