Der Kanzler trug zum Chaos bei der Abreise bei
Die Ischgl-kommission kommt zum Schluss, dass von Bundeskanzler Sebastian Kurz abwärts Fehlentscheidungen getroffen wurden.
Doch nicht „alles richtig gemacht“– um es mit den Worten des Tiroler Gesundheitslandesrates Bernhard Tilg (ÖVP) zu sagen – haben die Behörden beim Auftreten der ersten Covid-19-fälle in Ischgl und St. Anton. Zu diesem Schluss kam eine Expertenkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Höchstrichters Ronald Rohrer, die gestern ihren Bericht präsentierte. Die Bezirkshauptmannschaft Landeck habe nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle bei isländischen Urlaubern am 5. und 6. März „vorerst prompt und richtig reagiert“. In den darauffolgenden Tagen begann es sich allerdings zu spießen. Als man auf einen infizierten Kellner in der Après-ski-bar „Kitzloch“stieß und in der Folge etliche seiner Kollegen positiv auf Corona getestet wurden, ließ die das Lokal schließen, tags darauf aber wieder aufsperren. Dies sei falsch gewesen. Und spätestens am 9. März hätte allen bewusst sein müssen, welche Gefahr von den Après-ski-lokalen ausgehe. Der Schluss der sechsköpfigen Kommission: „Am Nachmittag des 9. März hätte eine Verordnung kommen müssen, den Seilbahn- und Skibusbetrieb zu beenden, alle Après-ski-bars zu schließen und Menschenansammlungen zu untersagen. Das Zuwarten mit dieser Verordnung bis zum 12. März war falsch.“Als diese Verordnung schließlich kam, wurde sie vom Ischgler Bürgermeister aber sogar erst zwei Tage später an der Amtstafel angeschlagen, sie trat so verspätet in Kraft. Dies veranlasste die Kommission zu einer Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft.
Der zweite Punkt, der untersucht wurde, war die chaotische
Deutschland Niederlande Österreich 229 Großbritannien Belgien
Schweiz
Dänemark Schweden Norwegen Polen USA Irland Israel Finnland Rumänien
Litauen Luxemburg Slowakei
Südafrika Spanien Tschechien Kanada Kroatien Russland Nordirland Frankreich VAE Australien Singapur Slowenien Italien Liechtenstein
Ungarn
der Gäste aus dem Paznauntal und St. Anton nach Verhängung der Quarantäne. Urlauber reisten fluchtartig und völlig unkontrolliert ab, weil sie befürchteten, sonst 14 Tage in den Orten bleiben zu müssen. Hier benannte die Kommission einen eindeutig Schuldigen: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Er hatte bei einer Pressekonferenz die Maßnahme angekündigt, ohne dafür zuständig zu sein und ohne Absprache. Wie die Stäbe, die Kurz bebehörde
Bulgarien Estland Island Hongkong Lettland
Portugal rieten, zu dem Entschluss einer Quarantäne gekommen waren, untersuchte die Kommission – wie einiges anderes – nicht. Es folgte eine ganze Pannenserie: Die Behörde „verharrte in einer Schreckstarre“, anstatt die geordnete Abreise zu organisieren.
Nicht ungeschoren kam auch das Gesundheitsministerium davon. Der Pandemieplan sei veraltet gewesen, für Tourismusregionen nie auf seine Tauglichabreise
Zimbabwe Bosnien Brasilien Dubai Griechenland Kambodscha Libanon Mazedonien Montenegro keit überprüft worden. Glimpflich verlief hingegen die Beurteilung der Arbeit von Landeshauptmann Günther Platter und Landesrat Bernhard Tilg. Tilg habe zwar rechtswidrig einen Teil seiner Agenden für die Pandemiebekämpfung an den Landesamtsdirektor abgegeben, der dadurch mit Arbeit „überfrachtet“gewesen sei.
Dies habe aber keine negativen Auswirkungen gehabt. Allerdings musste Rohrer zugeben, dass dies ein Umkehrschluss gewesen sei: „Ob Landesrat Tilg das alles besser gemacht hätte, kann ich ja nicht sagen.“
Als „unrichtig“und „falsch“beurteilte die Kommission jedoch zwei Pressemitteilungen. Dort wurde etwa mitgeteilt, dass in Bezug auf die positiven Fälle in der Bar „Kitzloch“die Landessanitätsdirektion mitgeteilt habe, dass eine Ansteckung in der Bar „aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich“sei.