Kleine Zeitung Steiermark

Der Charme von Valium

- Kurt Flecker

Vor Monaten noch war von der Mutter aller Schlachten, vom „Kampf “um Wien die Rede. Eine Einschätzu­ng, die aus heutiger Sicht die Rechnung ohne den Wirt war. Der Wirt, das ist Michael Ludwig. Er plauderte sich durch den Wahlkampf. „Alles ist in Ordnung, so wie es ist.“Auf Hinweise, dass dem in manchen Bereichen nicht so sei, kam die Antwort, dass alles immer noch besser gemacht werden könne, und man werde sich bemühen. Konfrontat­ionen hat Ludwig geschickt vermieden und ist heiklen Themen aus dem Weg gegangen. Lächeln, Freundlich­keit und Unaufgereg­theit waren seine Markenzeic­hen. Ludwig hat diesem Wahlkampf Valium verschrieb­en und die Wähler sind dessen Charme erlegen. Die Rechnung ist aufgegange­n. Der interessie­rte Beobachter wird mit der Frage alleingela­ssen, wer dieser Ludwig ist, wie er denkt, was er wirklich will. Vielleicht wissen wir nach den Koalitions­verhandlun­gen mehr.

Drei seiner Mitbewerbe­r buhlen um die Gunst, mit ihm zu regieren. Eine Koalition mit Türkis (das heißt, mit Blümel als ÖVP-CHEF ) ist wohl auszuschli­eßen. Dazu ist die gegenseiti­ge Abneigung von KURZ-ÖVP und SPÖ zu groß. Grün als Partner ist logisch und am wahrschein­lichsten. Es wird sich zeigen, ob Pink nur dazu dient, den Preis für Grün hochzutrei­ben, oder tatsächlic­he Alternativ­e ist. Rot-pink als Revanche für Türkis-grün auf Bundeseben­e. Die ideologisc­he Breite Ludwigs dürfte dafür reichen.

Der Absturz der FPÖ und das Aus für Strache sind ein Kompliment an die Wähler. Türkis mutiert wohl zum neuen Blau. Sie sind im Ton disziplini­erter, vom Inhalt her nahezu deckungsgl­eich. llgemeine Auswirkung­en auf die Bundespoli­tik sehe ich nicht. Bleiben noch etwaige Folgen für die Bundes-spö. Viele Medien schreiben und sehnen die Ablöse Rendi-wagners herbei, um sie dann mit Krokodilst­ränen zu verabschie­den.

Ich hoffe, dass Ludwig auf dieses Zeichen der Machtausüb­ung verzichtet. Sie zeigt einen neuen Stil von Politik, der sich erst setzen muss. Ludwig kann zeigen, dass er intelligen­ter damit umgehen kann als sein burgenländ­ischer Kollege.

„Michael Ludwig hat in seinem Wahlkampf Konfrontat­ionen vermieden und Beobachter mit der Frage alleingela­ssen, wer er ist.“

Awar steirische­r Sozialland­esrat (SPÖ)

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