Alles auf Rot
Flickenteppich, sagte die Kommissionspräsidentin in ihrer Videoansprache und meinte damit das, was man hierorts unter Fleckerlteppich versteht. Natürlich ging es nicht um textile Fachbegriffe, sondern um die aktuellen Corona-reiseregeln in Europa. Die Eu-kommission hatte Anfang September einen vernünftig erscheinenden Vorschlag gemacht, wie man das Durcheinander auflösen und halbwegs einheitliche Regeln einführen könnte. Heute wird das, was davon übrig blieb, in Luxemburg beschlossen.
Österreich enthält sich, der Grund ist triftig. Seit September haben sich die Zahlen massiv verschlechtert und die Datenbasis für Rot, Orange oder Grün funktioniert nicht mehr im Sinne des Erfinders. Über die Dauer allfälliger Quarantänen ist man sich nicht einig und der Umstand, dass zwar Grün freie Fahrt heißt, Orange und Rot aber schon wieder zu verpflichtenden Tests und/ oder Quarantäne führen, hilft nicht wirklich weiter.
Das Grundproblem ist geblieben: Solche Maßnahmen bleiben in der Hoheit der Mitgliedsländer. Kein Tiroler Skigebiet will sich von Brüssel vorschreiben lassen, ob die Touristen nun Tests brauchen oder nicht. mmerhin ist im Vorschlag ein Ausnahmekatalog enthalten, etwa für Gesundheitskräfte, Lkw-fahrer, Arbeits-grenzpendler oder pendelnde Studenten. Für Journalisten übrigens auch.
Die heutige Entscheidung wird als „wichtiger Schritt in die richtige Richtung“gesehen. Mehr ist es aber nicht.
Die Pandemie zeigt Europa auf, wo die Grenzen sind, die es sich selbst gesetzt hat.
Diese Ampeln bleiben auf Rot.
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Österreichs Botschafter in Washington liefert in losen Abständen Zustandsberichte von der Coronakrise und ihren Auswirkungen auf den Wahlkampf in den USA.
Weder über die Zahl noch über die Qualifikation für das Richteramt verliert die Us-verfassung auch nur ein Wort. Nur eben, dass es einen Supreme Court geben muss, ist festgelegt. Selbst das ehrwürdige, säulenbewehrte Gebäude in unmittelbarer Nähe des Us-kapitols, wie man es aus vielen Washington-fotos so gut kennt, besteht erst seit dem Jahr 1935. Bis dahin musste sich der Supreme Court mit Räumlichkeiten im Kongress-gebäude begnügen.
Ein einfaches Gesetz genügt also, um die Zahl der Richter des Gerichtshofs zu bestimmen. Tatsächlich schwankte die Zahl der Richterinnen und Richter des Supreme Court in der Geschichte der USA zwischen fünf und zehn, seit 1869 sind es neun. er Versuch von Präsident Franklin D. Roosevelt im Jahr 1937, diese Zahl aus durchsichtigen politischen Gründen zu erhöhen, scheiterte spektakulär. Der Gerichtshof hatte mehrere Wirtschaftsgesetze der Roosevelt-administration aufgehoben, mit denen der Präsident versuchen wollte,
Ddie USA aus der Depression zu führen. In der Folge wollte Roosevelt den Supreme Court auf 15 Mitglieder vergrößern, im Senat erhielt dieser Gesetzesvorschlag allerdings eine klare Abfuhr von 70 zu 22 Stimmen.
Doch die Diskussion um die Zahl der Richterinnen und Richter am Supreme Court erhält nach der blitzartigen Nominierung der konservativen Juristin Amy Coney Barrett und ihrer möglichen Bestellung noch so kurz vor den Us-wahlen eine neue Relevanz. st nun die Zeit gekommen, um die Zahl der Richterinnen und Richter zu erhöhen? Eine demokratische Mehrheit bei den Anfang November gemeinsam mit der Präsidentschaftswahl anstehenden Senatswahlen könnte den Weg dafür ebnen. Aber wie man schon aus der griechischen Mythologie weiß: Beim Öffnen der Büchse der Pandora ist große Vorsicht geboten. Was einem heute politisch opportun erscheint, kann sich bei geänderten Mehrheitsverhältnissen in Zukunft bitter rächen.
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