Persönliche Bausteine gegen den Krebs
Fünf Millionen Euro investiert, Kooperation mit
Südkorea: Cbmed startet in neuem Labor Arzneimitteltests an Tumorzellen und macht Hoffnung
auf personalisierte Therapie.
Die technische Abnahme ist erfolgt, es sollte alles funktionieren“, sagt Thomas Pieber vor der 1,1 Millionen Euro teuren Anlage, die, wie Barbara Prietl präzisiert, aus zehn Geräten besteht und vollautomatisch arbeitet. Sie füllt den kleinen, vielleicht vier mal vier Meter großen Raum fast vollständig aus – und erfüllt die Laborleiterin (Prietl) und den wissenschaftlichen Leiter des Biomarkerforschungszentrums Cbmed (Pieber) mit Hoffnung.
Hoffnung auf große Fortschritte bei der Suche nach der personalisierten, maßgeschneiderten Krebstherapie. Die neue Anlage ist eine „Drug Screening Platform“. In ihr werden – vereinfacht gesagt – aus Tumorgewebe entnommene Krebszellen kultiviert, damit danach an ihnen die Wirksamkeit von bis zu 80 Medikamenten gleichzeitig erprobt und analysiert werden kann. Wie reagieren die Zellen auf die Substanzen? Die Antworten darauf sollen Ärzten bei der individuellen Therapieentscheidung helfen. Das Labor liefere rasch Ergebnisse, aber an einem Menschen „kann man natürlich nicht 80 Medikamente ausprobieren“, erklärt Pieber.
Mit dem Arzneimittel-screening errang der Wissenschaftler Dohyun Nam vom Samsung Medical Center in Seoul in den letzten zehn Jahren bereits Erfolge; er spezialisierte sich auf Hirntumoren (Glioblastom) und liefert nun die Grundlagen für die Forschung in Graz. Vor einem Jahr gingen die Cbmed und Nam eine Kooperation ein.
Im Sommer holte das steirische Kompetenzzentrum dann mit der Shimadzu Corporation in Kyoto einen weiteren Partner
an Bord. Die Japaner liefern die Infrastruktur für jenen Teil der Forschung in Graz, der neu ist. Das elfköpfige Team misst nämlich auch den Stoffwechsel der Krebszellen während der Behandlung, da man sich auch davon wesentliche Erkenntnisse darüber verspricht, warum ein Krebspatient auf eine Standardtherapie anspricht – oder nicht. „Es geht darum, Tumoren besser zu verstehen und nicht nur wirksamere, sondern auch besser verträgliche Therapien zu entwickeln“, sagt Pieber.
Die Kombination aus molekularen Analysen mit den Wirkprofilen gleich mehrerer Medikamente soll also zur Präzisionsmedizin bzw. zur personalisierten Therapie führen. Wie der Südkoreaner Nam setzt auch Piebers Forschung bei den Hirntumoren an. „Wir untersuchen die Krebszellen hier und in Seoul parallel und prüfen, ob wir zu denselben Ergebnissen kommen.“In der werde man sich in Graz aber auch anderen großen Krebsformen in Darm, Magen, Prostata und Brust widmen. In frühestens drei bis vier Jahren könnten erste Erkenntnisse in die klinische Versorgung einfließen und Patienten davon profitieren. In einem ersten Schritt wohl jene Personen, bei denen eine Standardtherapie nicht (oder nicht mehr) greift. „Wir müssen erst beweisen, dass unser Weg besser ist als der Standard“, betont Pieber. Hellmut Samonigg, Rektor der Med Uni Graz, sieht im Medikamenten-screening einen „interessanten Ansatz, um unserer Vision von einer tatsächlich personalisierten Medizin näherzukommen“.
Graz ist auf der Weltkarte nach Seoul und Kyoto der dritte Standort für eine Drug Screening Platform in der Krebsforschung. Bis Ende 2022 fließen fünf Millionen Euro in das Projekt, das von der
Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und der Forschungsförderung des Bundes (FFG) unterstützt wird. In Österreich sind außerdem die Medizinischen Unis in Graz und Wien sowie Joanneum Research Health Partner.
Die Investition stärke – auch vor dem Hintergrund des wachsenden Med-uni-campus – Österreichs Position im Bereich Life Science, betont Ffg-chefin Henrietta Egerth die wirtfolge schaftliche Komponente. „So kann es gelingen, hochwertige Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.“
Landesrätin Barbara Eibinger-miedl (ÖVP) sieht ebenfalls Chancen für Wachstum: „Das Labor am Cbmed ist ein Meilenstein in der Geschichte der steirischen Kompetenzzentren. Es bringt einen Mehrwert für die Gesellschaft – und die Humantechnologie in der Steiermark wird gestärkt.“