Ereignisloses Spektakel
Packend virtuos, und doch nicht ganz befriedigend: Lang Lang spielt Bach.
Dieses Konzert zu spielen und aufzunehmen führt mich auf die nächste Stufe des Klavierspiels, denke ich. Ich bin jetzt 38, ich fand, dass es der richtige Zeitpunkt war für ein neues Kapitel meiner künstlerischen Entwicklung.“So Lang Lang zum Album, auf dem er einen Gipfel der Klaviermusik erklimmt. Bachs Goldberg-variationen legt der Pianist gleich in zwei Versionen vor: einer Studiovariante und live aus der Leipiziger Thomaskirche.
Die virtuosen Toccaten, also die Mittelstücke der in Dreiergruppen gegliederten Variationen, sind Lang Langs ureigenes Metier: In den Nummern 20, 23 und 29 brennt er – vor allem in der Studioaufnahme – ein Feuerwerk ab. Dass er an vielen anderen Stellen zum
Teil extrem ruhige Tempi wählt, ist kein Widerspruch: Lang Lang verwandelt die Variationen in eine Folge von Schau- bzw. Hörstücken und geht dabei gern ins pianistische Extrem. Das gelingt in der zweiten Hälfe überzeugender. Den schönsten Moment bringt die 30. Variation, die man noch nie als so sehnsuchtsvollen Blick zurück gestaltet gehört hat.
Auch wenn der Ton schlankbarockisierend ist, die Läufe funkeln und die Verzierungen wunderbar sind, man vermisst letztlich den großen Bogen. Nicht wenige andere Pianisten haben mit viel weniger technischem Aufwand aus diesem Werk mehr musikalische Tiefe gewonnen. Es ist ein Spektakel, aber ein seltsam ereignisarmes.
Huldigung vor dem Komponistengrab: Lang Lang nach dem Konzert in der Thomaskirche
Deutsche Grammophon.