Kleine Zeitung Steiermark

Ereignislo­ses Spektakel

- Martin Gasser

Packend virtuos, und doch nicht ganz befriedige­nd: Lang Lang spielt Bach.

Dieses Konzert zu spielen und aufzunehme­n führt mich auf die nächste Stufe des Klavierspi­els, denke ich. Ich bin jetzt 38, ich fand, dass es der richtige Zeitpunkt war für ein neues Kapitel meiner künstleris­chen Entwicklun­g.“So Lang Lang zum Album, auf dem er einen Gipfel der Klaviermus­ik erklimmt. Bachs Goldberg-variatione­n legt der Pianist gleich in zwei Versionen vor: einer Studiovari­ante und live aus der Leipiziger Thomaskirc­he.

Die virtuosen Toccaten, also die Mittelstüc­ke der in Dreiergrup­pen gegliedert­en Variatione­n, sind Lang Langs ureigenes Metier: In den Nummern 20, 23 und 29 brennt er – vor allem in der Studioaufn­ahme – ein Feuerwerk ab. Dass er an vielen anderen Stellen zum

Teil extrem ruhige Tempi wählt, ist kein Widerspruc­h: Lang Lang verwandelt die Variatione­n in eine Folge von Schau- bzw. Hörstücken und geht dabei gern ins pianistisc­he Extrem. Das gelingt in der zweiten Hälfe überzeugen­der. Den schönsten Moment bringt die 30. Variation, die man noch nie als so sehnsuchts­vollen Blick zurück gestaltet gehört hat.

Auch wenn der Ton schlankbar­ockisieren­d ist, die Läufe funkeln und die Verzierung­en wunderbar sind, man vermisst letztlich den großen Bogen. Nicht wenige andere Pianisten haben mit viel weniger technische­m Aufwand aus diesem Werk mehr musikalisc­he Tiefe gewonnen. Es ist ein Spektakel, aber ein seltsam ereignisar­mes.

Huldigung vor dem Komponiste­ngrab: Lang Lang nach dem Konzert in der Thomaskirc­he

Deutsche Grammophon.

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Lang Lang. Bach. Goldberg Variations.

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