Die Grenzen der Ampel
Würde die europäische Corona-ampel an einer Kreuzung stehen, wäre ein Blechschaden die Folge. Warum es gar so schwer ist, die Eu-länder auf Gleichstand zu bringen.
Ampelsysteme für den Umgang mit einer Pandemie stiften bereits in einem kleinen Land wie Österreich reichlich Verwirrung; dass das auf europäischer Ebene nicht anders ist, kommt also nicht überraschend.
Ungeachtet lokaler Lösungen haben die Eu-mitgliedsländer versucht, das wilde Durcheinander an Grenzschließungen, Reisebeschränkungen und gegenseitigen Warnungen zu entwirren und ein einheitliches Bewertungssystem einzuführen, das für alle gleich gilt. An den Ansätzen gibt es nichts zu mäkeln: Gleiche Parameter für alle, Einführung eines in der ganzen EU gleich gestalteten Onlineformulars für gegebenenfalls notwendige Reiseanmeldungen, einheitlich definierte Quarantänezeiten für den Fall des Falles, geregelte Ausnahmen für Grenzpendler, Warentransport usw.
Der Vorschlag, den die Eukommission im September machte und den gestern die Minister der Mitgliedsländer zumindest teilweise umgesetzt haben, hatte also vernünftige Ansätze. Herausgekommen ist aber nun etwas, das uns einer
Lösung nicht näher bringt, sondern eher weitere Verwirrung stiftet. Die Parameter, die gegen Ende des Sommers noch sinnvoll erschienen, sind durch massiv steigende Infektionszahlen in den meisten Ländern überholt; die Folge ist, dass weite Teile Österreichs und Europas nach neuen Kriterien orange oder rot eingefärbt werden, die eigentlich erwünschte Differenzierung funktioniert so nicht mehr. Hebt man aber kurzerhand die Schwellenwerte an, lügt man sich sehr leicht in die eigene Tasche – hohe Infektionszahlen sind nun mal hohe Infektionszahlen.
Der eigentliche Systemfehler liegt darin, dass es den Eu-staaten weiterhin freigestellt bleibt, wie sie auf die Farben der Ampel reagieren. Immerhin schafft man ein Gleichstellungsmerkmal: Rot ist Rot, egal ob in Kroatien, Belgien oder Österreich. Und man hat die einzelnen Regionen im Blick und nicht ganze Länder. Übrig bleibt die kaum zu lösende Aufgabe, einerseits die Gesundheit der Bürger zu schützen und andererseits die Reisefreiheit so wenig wie möglich einzuschränken. Letzteres durchaus mit Hintergedanken: Die Wintersaison steht bevor und das Letzte, was Alpenregionen und Überwinterungsdestinationen im Süden brauchen können, ist ein weiterer Fleckerlteppich aus willkürlich erscheinenden Reisewarnungen, Quarantänebestimmungen und nicht nachvollziehbaren Gefahreneinschätzungen. ollen wir also auch optimistisch bleiben und der Einschätzung folgen, die Eu-corona-ampel sei ein erster Schritt zur Klärung einer komplexen Frage, dem weitere noch folgen müssen. Es hilft nämlich nichts: Wer gemeinsame Regeln für 27 Länder will und trotzdem jedem die Entscheidungshoheit überlässt, kommt unweigerlich zu einem Widerspruch. Die Corona-ampel in dieser Form wird kein Problem wirklich lösen. Deshalb ist sie auch kein rechtsverbindliches Instrument, sondern nur eine Empfehlung.
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