Damit Drohnen auch im Winter fliegen können
Steirisches Unternehmen AIIS forscht für die Flugzeugindustrie. Im Oktober startete erstes heimisches Projekt zum Thema Vereisung.
Im Jahr 2016 haben Reinhard Puffing und Manuel Gerstenbrand das „Austrian Institute for Icing Sciences“– kurz AIIS – mit Sitz im weststeirischen Köflach gegründet. Sie erforschen etwa anhand von Windkanaltests, wie sich die Vereisung von Tragflächen oder Rotorblättern auf die Flugeigenschaft auswirkt. „Unser Unique Selling Point ist, dass wir das Eis im Nachhinein dreidimensional mit einem 3D-drucker auf einer Thermoplastfolie nachbilden können“, erklärt Puffing.
Ziel ist es, der Behörde im Rahmen der Zulassung für neue Luftfahrzeuge zu beweisen, dass auch unter Vereisungsbedingungen ein sicherer Flug möglich ist. „In realen Tests muss dann etwa in Kanada geflogen werden, um Eisbedingungen zu haben“, erläutert Gerstenbrand. „Mit unserer Technik können wir nach den Windkanaltests das Eis nachbauen und dann wieder auf die
Flügel auftragen, um diese Verhältnisse bei jeder Witterung zu simulieren“, fügt Puffing hinzu. Letztlich gehe es bei den Forschungen einerseits um Sicherheit, andererseits um die Themen Effizienz und Nachhaltigkeit im Flugverkehr.
Die Innovation der beiden Weststeirer hat in der Branche so eingeschlagen, dass das Duo inzwischen an mehreren internationalen Forschungsprojekten beteiligt ist. Unter anderem läuft seit 2019 das Projekt „Ice Genesis“, das von Airbus Operation in Toulouse geleitet wird. Die Gesamtprojektsumme beläuft sich auf 22 Millionen Euro, zwölf davon kommen von der Eu-förderschiene „Horizon 2020“. Insgesamt sind 36 Projektpartner aus zehn Ländern involviert. AIIS ist der einzige steirische Vertreter, aus Österreich sind noch das „Austrian Institute of Technology“, der Windkanalbetreiber Rail Tec Arsenal und die Industrie Automatisierungs Gmbh (IAG) beteiligt. Ziel des Projektes ist es,
eine neue Generation von 3Dprogrammen zur Vorhersage von Vereisung zu entwickeln, die teure Windkanaltests ersetzen können. „Wir validieren die Daten, speichern sie und machen sie online für die Branche zugänglich. Das ist für uns natürlich eine super Ausgangsbasis, falls es Folgeprojekte geben sollte“, hofft Puffing.
Das erste österreichische Forschungsprojekt zum Thema Vereisung von Luftfahrzeugen ist mit Anfang Oktober gestartet und auf drei Jahre angelegt. Unter dem Titel „Joice“arbeiten 15 heimische Unternehmen, darunter neben AIIS auch die Austrian Aircraft Corporation (AAC), der oberösterreichische Flugzeugkomponentenhersteller FACC, die Forschungseinrichtungen Joanneum Research, FH Joanneum (Studiengang Aviation) und die TU Graz, an der Entwicklung von österreichischen Lösungen im Vereisungsbereich. Ein internationales Gremium, in dem die
Luftfahrtkonzerne Airbus und Leonardo vertreten sind, verfolgt das Projekt mit großem Interesse. Die Gesamtkosten belaufen sich auf drei Millionen Euro, 2,3 Millionen davon werden von Verkehrsministerium und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG bereitgestellt.
„Ziel ist die Entwicklung und Demonstration hocheffizienter Enteisungssysteme für unbemannte und kleine Flugzeuge“, erklärt Puffing. Drohnen sind für die beiden Weststeirer ein besonders interessantes Forschungsgebiet. Denn in Österreich herrscht derzeit für unbemannte Systeme ein Flugverbot unter fünf Grad plus. „Wenn man alle Regen- und Kältetage abzieht, bleiben weniger als 200 Tage, an denen man wetterbedingt fliegen kann“, so Puffing. „Wenn es durch unsere Forschung gelingt, auch bei niedrigeren Temperaturen eine Flugerlaubnis zu bekommen, könnte man etwa Almhütten im Winter mit Drohnen beliefern.“Nach Abschluss des Projektes „Joice“ist 2023 die bislang weltweit größte Luftfahrtkonferenz zum Thema Vereisung geplant. „Wir hoffen, dass die Konferenz in Wien stattfinden kann.“