Wenn Musik die Worte retten muss
lim, der diesmal kein nobler Brautwerber, sondern gewalttätiger Exhibitionist und Folterer ist. Seine Wende zur Güte muss Christian Nickel mit einem wunderbaren Mörike-gedicht motivieren, das er in seiner Garderobe gefunden haben will. Ob er es vortragen dürfe? „Nein!“, ruft einer dazwischen.
Den Abend trägt die tragisch Leidende, Konstanze. Lisette Oropesa singt zum ersten Mal in der Staatsoper und nimmt das Haus im Sturm. Ihr Sopran verströmt herzwärmende Innigkeit und meistert auch die extremen Klippen der Rolle mühelos. Tritt sie auf, findet das Stück zu jener Schlichtheit zurück, die seinen Zauber ausmacht. „Sing, Konstanze, sing!“, fleht ihre Doppelgängerin in der Not. Musik als Heilmittel.
Auch sonst tröstet der Gesang. Bei Regula Mühlemann sind die Koloraturen der Blonden gut aufgehoben, Daniel
Behle gestaltet den Belmonte mit edler Kühle, und Goran Juric´, der derb-schlaue Osmin, setzt seinem Gegenspieler Pedrillo (Michael Laurenz) ein orgelndes Organ entgegen.
wählt rasante Tempi, denen nicht alle Beteiligten folgen wollen. Daraus ergeben sich zahlreiche Unstimmigkeiten zwischen Orchester und Bühne, die den Gesamteindruck schmälern.
Bleibt noch, die undankbaren Schauspielerrollen zu erwähnen: Emanuela von Frankenberg müht sich als Konstanzes Alter Ego ab, Stella Roberts muss die Blonde doubeln, Christian Natter den Belmonte und Andreas Grötzinger den Zweit-osmin. Viel Klamauk, wenig Erkenntnis.
Alle Einwände aber rechtfertigen nicht das blökende Geschrei, das Wiens Publikum für Neuenfels bereithielt.