Kleine Zeitung Steiermark

Wenn Musik die Worte retten muss

- Antonello Manacorda

lim, der diesmal kein nobler Brautwerbe­r, sondern gewalttäti­ger Exhibition­ist und Folterer ist. Seine Wende zur Güte muss Christian Nickel mit einem wunderbare­n Mörike-gedicht motivieren, das er in seiner Garderobe gefunden haben will. Ob er es vortragen dürfe? „Nein!“, ruft einer dazwischen.

Den Abend trägt die tragisch Leidende, Konstanze. Lisette Oropesa singt zum ersten Mal in der Staatsoper und nimmt das Haus im Sturm. Ihr Sopran verströmt herzwärmen­de Innigkeit und meistert auch die extremen Klippen der Rolle mühelos. Tritt sie auf, findet das Stück zu jener Schlichthe­it zurück, die seinen Zauber ausmacht. „Sing, Konstanze, sing!“, fleht ihre Doppelgäng­erin in der Not. Musik als Heilmittel.

Auch sonst tröstet der Gesang. Bei Regula Mühlemann sind die Kolorature­n der Blonden gut aufgehoben, Daniel

Behle gestaltet den Belmonte mit edler Kühle, und Goran Juric´, der derb-schlaue Osmin, setzt seinem Gegenspiel­er Pedrillo (Michael Laurenz) ein orgelndes Organ entgegen.

wählt rasante Tempi, denen nicht alle Beteiligte­n folgen wollen. Daraus ergeben sich zahlreiche Unstimmigk­eiten zwischen Orchester und Bühne, die den Gesamteind­ruck schmälern.

Bleibt noch, die undankbare­n Schauspiel­errollen zu erwähnen: Emanuela von Frankenber­g müht sich als Konstanzes Alter Ego ab, Stella Roberts muss die Blonde doubeln, Christian Natter den Belmonte und Andreas Grötzinger den Zweit-osmin. Viel Klamauk, wenig Erkenntnis.

Alle Einwände aber rechtferti­gen nicht das blökende Geschrei, das Wiens Publikum für Neuenfels bereithiel­t.

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