Kleine Zeitung Steiermark

Intensiv vertagt

- Andreas Lieb

Der Herbstgipf­el der EU war nicht gerade ein Gipfel der Entscheidu­ngen. Klima? Gut, aber vertagt. Türkei? Einig, aber vertagt. Budget? Klar, aber vertagt. Afrika? Sicher, aber vertagt. Brexit? Offen, aber vertagt. Fairerweis­e muss man dazu festhalten, dass bei Gipfeln und wichtigen Ratstreffe­n oft der Eindruck entsteht, es sei nichts weitergega­ngen.

Erst mit einiger Distanz und nach einiger Zeit erkennt man die vielen kleinen Schritte, die schließlic­h zu konkreten Ergebnisse­n geführt haben.

Schlusserk­lärungen haben im Vorlauf mehrere Entwürfe, die man nicht selten ganz oder teilweise verwirft.

Manchmal ist es nur ein einziges Wort, um das stundenlan­g gerungen wird und das entscheide­nd sein kann.

Diesmal war es das Wort „intensiv“. So waren im Entwurf die Bemühungen der EU bezeichnet worden, sich mit Großbritan­nien doch noch auf einen Brexit-deal zu einigen. „Intensiv“stand dann nicht im offizielle­n Papier und wie erwünscht läuteten an der Themse alle Alarmglock­en. Die Eu-länder signalisie­rten mit dem bewussten Herausnehm­en dieses einen Wortes, dass sie sich vom Zirkus der Briten nicht mehr beeindruck­en lassen. n einen Satz gegossen, der beim Gipfel und auch anderswo gesprochen wurde, hörte sich das so an: „Die EU arbeitet weiter an einem Deal; aber nicht um jeden Preis.“In diesem Geist verstrich auch das Ultimatum, das Boris Johnson gesetzt hatte, ohne jegliche Folgen.

Wieder einmal ist das Brexit-finale vertagt, was in diesem Fall in Ordnung geht. So bleibt wenigstens die Chance auf einen Mini-deal aufrecht.

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