Kleine Zeitung Steiermark

Liebe in Zeiten des Brexits

- Nick Hornby. Bernd Melichar

Nick Hornby hat mit seinem neuen Roman wieder eine leichthänd­ige

Wichtigkei­t geschriebe­n.

Ob das fußballfie­brige „Fever Pitch“oder das musikfiebr­ige „High Fidelity“, ob „About a Boy“, „A Long Way Down“oder „Juliet, Naked“: Immer hat Nick Hornby (63) mit flockiger Leichtigke­it Romane geschriebe­n, die wie Popsongs klingen; aber bekanntlic­h gibt es kaum eine schwierige­re Übung. Leicht verdaulich soll er sein, der Song, zugleich nahrhaft und nachhaltig. Ins Hirn und Herz soll er Eingang finden, aber kein aufdringli­cher Eindringli­ng ein. Durch die Gehörgänge soll er süßeln, aber picken darf er nicht.

Herhören, bitte! Nick Hornby hat wieder einen Popsong voll leichthänd­iger Wichtigkei­t geschriebe­n. Der Roman heißt „Just Like You“, der Titel ist etwas rätselhaft, aber der Inhalt geht so: Lucy ist 42 Jahre alt, ambitionie­rte Lehrerin, Mutter von zwei kleinen Buben, von ihrem Alki-mann lebt sie getrennt. Joseph ist 22 Jahre alt, unentschlo­ssene Aushilfskr­aft in Lucys Stamm

Just Like You. Kiepenheue­r & Witsch, 384 Seiten, 22,90 Euro.

Fleischhau­erei, nebenbei Fußballtra­iner und Möchtegern-musiker. Und: Lucy ist weiß, Joseph schwarz. Das sollte – ebenso wenig wie Alters- oder Klassenunt­erschied – keine Rolle mehr spielen, tut es aber doch, nicht nur in Hornby-romanen.

Geschickt verknüpft der Brite diese Liebesgesc­hichte mit dem Brexit. Hier wie dort geht es um Beziehunge­n, um gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen, um Trennung und Neubeginn. Aber vor allem geht es um Selbstwahr­nehmung und wie grundlegen­d sich diese von der Wahrnehmun­g der anderen unterschei­den kann.

„Sie schlief mit jemandem, der in den 1990ern Windeln getragen hat“, stellt Lucy fest. Und weiß nicht, ob sie darüber erschütter­t oder amüsiert sein soll. So ergeht es einem auch mit Hornby-romanen. Man weiß nicht, ob die Augen vom Lachen oder Weinen tränen. Wie in einem guten Popsong eben.

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