„Die Bettdecke war schwer wie ein Eisenteppich“
Was im März mit Fieber begann, führte zu einem
Hubschraubereinsatz des Bundesheers und sechs Wochen Koma. Heute erholt sich Peter Pessl (63)
Schritt für Schritt von seiner Covid-19-erkrankung.
sagt Pessl. In Indien hat er auch Berge mit 5600 Höhenmetern bestiegen.
Am 25. März führte aber kein Weg mehr an einem stationären Aufenthalt im Krankenhaus vorbei. Pessl kam nach Bludenz ins Spital. „Ich kann mich nur noch an die erste Nacht dort erinnern. Ab diesem Zeitpunkt befand ich mich im Koma.“
Für die Angehörigen war diese Zeit nicht leicht: „Ich wusste einfach nicht, wie seine Lunge
verkraften wird“, erzählt seine Frau Angelika. Auch ein befreundeter Arzt nahm die Sache sehr ernst. Er war sich sicher, dass nur der Anschluss an einen Ecmo-apparat (siehe rechts oben) seinen Freund retten würde. Da es einen solchen in Vorarlberg nicht gibt, ließ der Freund nicht locker: „Er hat permanent mit den Ärzten im AKH Wien telefoniert, denn dort wird das Ecmo-verfahren angewandt“, sagt Peter Pessl.
hatte letztlich Erfolg: Die Ärzte im AKH Wien beschlossen, Pessl nach Wien fliegen zu lassen und an einen Ecmo-apparat anzuschließen. Mit einem Hubschrauber des Bundesheers wurde Pessl mitten in der Nacht nach Wien gebracht. Selbstständig atmen konnte der 63Jährige nicht mehr. „Das mussten ab diesem Zeitpunkt medizinische Geräte für mich übernehmen. Eine Lungentransdas
plantation war angedacht“, erzählt Pessl.
Auch als er dann Ende April langsam aufzuwachen begann, war die Möglichkeit einer Transplantation noch nicht vom Tisch. Dass er heute mit der eigenen Lunge atmet, schreibt er auch der kompetenten medizinischen Betreuung zu: „Ich habe einfach gemerkt, wie froh wir sein können, in einem Land mit Krankenversicherung und so guten medizinischen Standards zu leben. Ich weiß nicht, wie es für mich in manch anderen Ländern ausgesehen hätte.“
Aber nicht nur seine Fachkompetenz rechnet Pessl dem medizinischen Personal des AKH Wien hoch an – er betont vor allem auch die große Menschlichkeit, die auf der Intensivstation herrschte: „Weil mich niemand besuchen konnte, telefonierten Ärzte und Pfleger mit meiner Familie und meinen Freunden. Danach kamen sie zu mir und richteten alle lieben Wünsche aus. Das gibt einem unheimlich viel Kraft.“
Eine weitere prägende Erinnerung: das erste Cola nach langer künstlicher Ernährung. „Eine Pflegerin hat es von ihrem Geld gekauft. Ich bin ja mit nichts nach Wien gekommen – ich hatte nicht einmal etwas anzuziehen.“
Auf Unterstützung musste sich Pessl auch bei seinen ersten Bewegungen nach dem Tiefschlaf verlassen: „Nach diesen Wochen hatten alle Muskeln abgebaut. Die Bettdecke war schwer wie ein Eisenteppich. Anfangs brauchte es drei Leute, um mich im Bett aufzusetzen. Auch sprechen konnte ich kaum.“Bis heute ist seine Lungenfunktion eingeschränkt, auch die Muskelschwäche ist noch deutlich merkbar.
in Tirol bessern sich all diese Dinge allmählich. Der 63-Jährige unternimmt mit seiner Frau wieder kleine Wanderungen und auch kurze Radausflüge. Bis sich der Körper vollständig erholt hat, liegt noch ein langer Weg vor Pessl, der sich derzeit im Krankenstand befindet. Im November tritt er abermals eine Reha an.
Groll hat er aber während all der Zeit nie verspürt: „Man lernt wieder, demütig zu sein und kleine Dinge wie einen Schluck Apfelsaft zu genießen. Ich kann nur immer wieder sagen, wie viel Glück ich hatte, so gute Freunde und gute Ärzte gehabt zu haben.“