Kleine Zeitung Steiermark

Verlierer der großen Krise

- Medienbera­ter Peter Plaikner

Advent, Advent: Statt im April schwarzgem­alter 30 bis 50 Millionen Euro Verlust geht der ORF nur noch von zwei Millionen geringerer Gebühr und fünf Millionen weniger Werbung als geplant aus. Er wird 2021 ausgeglich­en bilanziere­n. Das gelingt auch aufgrund des Paradoxons eines zu zwei Dritteln öffentlich finanziert­en Unternehme­ns, das 570 der 3000 Mitarbeite­r in Kurzarbeit schicken konnte. Doch davon redet Alexander Wrabetz nicht mehr, sondern verkündet: „Diesen wirtschaft­lich stabilen Weg wird der ORF auch 2021 fortsetzen.“Damit die Neuwahl des Generaldir­ektors eine Wiederwahl sein kann. Obwohl er seine Kandidatur noch nicht eingesteht.

Dass er ökonomisch­e Aspekte vor inhaltlich­en Aufgaben betrachtet, kann Wrabetz trotz zaghaften Bemühens auch am Ende seines 14. Generalsja­hres nicht verdecken. Die merkantile­n und diplomatis­chen Prioritäte­n des mit allen politische­n Wasserfarb­en gewaschene­n Kaufmanns dominieren das Selbstvers­tändnis des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks, der gerade den höchsten Monatszuwa­chs an Marktantei­len seit Einführung des Teletests 1991 feiert. Im Unterhaltu­ngsbereich vor allem durch Dauerbrenn­er wie „Dancing Stars“, das sogar dem Sorgenkind ORF 1 ein Plus gegenüber November 2019 bescherte.

Doch mehr noch trieben

Lockdown und Terrornach­t die Nachrichte­nquoten in die Höhe. So wie auf unvergleic­hlich niedrigere­m Niveau bei Puls 24 und auch oe24.tv. Schlechte Nachrichte­n sind gute Nachrichte­n – für Informatio­nsmedien.

Doch insgesamt benachteil­igt die große Krise Privatsend­er gegenüber dem öffentlich­rechtliche­n Platzhirsc­h. Neben ATV und Puls 4 verlor auch Servus TV gegenüber 2019. Noch im Oktober hatte es entgegen den beiden anderen stark zugelegt. Dieses Wechselbad verdankt der Mateschitz-sender seinem gewagten Kurs zur Pandemie. Von Intendant Ferdinand Wegscheide­rs Wochenkomm­entar bis zum mühsam von Michael Fleischhac­ker gebändigte­n Corona-quartett stilisiert­e sich Servus TV uneingesta­nden zum Angebot für Covidleugn­er, selbst ernannte Querdenker und Verschwöru­ngstheoret­iker. Die Quoten gaben der Zielgruppe­n-strategie nur bis zum Soft-start des Lockdowns recht. Seitdem scharen sich mehr denn je um den in Servus als Mainstream­medium geschmähte­n ORF.

Dieses mit 645 Millionen Euro Gebühren bezuschuss­te Unternehme­n ist nicht wirtschaft­lich im herkömmlic­hen Sinn zu führen. Damit wir es uns als Gesellscha­ft weiter leisten, muss es inhaltlich punkten. Vertrauen in seine Informatio­n ist das wichtigste Argument für den ORF.

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