Kleine Zeitung Steiermark

Vom Corona-Hotspot zum Musterschü­ler

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Obwohl Menschen in der Großstadt auf engem Raum zusammenle­ben, sind die Corona-Infektione­n in Wien seit Wochen niedriger als in den anderen Bundesländ­ern. Wie geht das?

Für Andreas Huber vom medizinisc­hen Krisenstab der Stadt sind die vielen niederschw­elligen Testmöglic­hkeiten der Schlüssel: Die Teststraße, die im Sommer speziell für Reiserückk­ehrer aus Kroatien eingericht­et wurde, gibt es immer noch. Dazu kommen noch zwei permanente Teststraße­n für Menschen ohne oder mit leichten Symptomen. „Durch das viele Testen hatten wir auch, als das Infektions­geschehen hoch war, ein vollständi­geres Bild des Infektions­geschehens als andere“, ist man im Büro von Hacker überzeugt. Im Jänner wurden in Wien pro Tag etwa 17.700 Tests durchgefüh­rt. Es wird so viel getestet, dass nur mehr 1,1 Prozent aller Tests pro Woche positiv sind. Auch das ist österreich­weit die niedrigste Rate.

Den Vergleich, vor dem Foitik warnt, scheut die Stadt nicht: „Wir haben im Dezember ganz Graz getestet. Über die Feiertage ganz Salzburg.“Nicht nur in der Zahl, sondern auch in der Art der Tests unterschei­det sich Wien von anderen Bundesländ­ern: Wien setzt auf die hier entwickelt­en PCR-Tests zum Gurgeln, die auch ohne medizinisc­hes Personal durchgefüh­rt werden können. Damit werden etwa alle Mitarbeite­rinnen in städtische­n Kindergärt­en einmal pro Woche direkt in der Institutio­n getestet.

Auch das Rückverfol­gen von Infektions­ketten funktionie­rt in Wien gut: In mehr als zwei Dritteln aller Fälle könne rekonstrui­ert werden, wo die Ansteckung erfolgt ist. Damit liegt die Bundeshaup­tstadt deutlich über dem Schnitt von 53 Prozent. In der Steiermark lag dieser Wert zuletzt bei 36 Prozent, in Kärnten bei 37. Auch, als die Infektions­zahlen im Herbst höher und die Erfolgsquo­te niedriger war, ließ man nicht vom Contact Tracing ab. Im Sommer arbeiteten in Wien 130 Menschen daran, jetzt sind es beinahe 800. Die Daten von Kontaktper­sonen

(im Schnitt sind das fünf pro Person), werden nun automatisc­h ans Testteam weitergege­ben, das sie umgehend wegen eines Termins kontaktier­t. Im Rathaus sieht man eine „Renaissanc­e der Eigenveran­twortung“: „Wir haben den Wienerinne­n und Wienern nicht gedroht, sondern ihnen die Werkzeuge in die Hand gegeben, eigenveran­twortlich zu handeln“, sagt Hackers Sprecher: „Wenn sie schon andere Leute treffen, sollen sie sich vorher wenigstens testen lassen.“

Auch in der nächsten Phase der Pandemie geht Wien seinen eigenen Weg: So zog die Stadt etwa, anders als es die Impfordnun­g des Gesundheit­sministeri­ums vorsieht, niedergela­ssene Fach- und Hausärzte in die erste Phase vor und impfte 8500 von ihnen am vergangene­n Wochenende. Auch Kulturscha­ffenden und Studierend­en wird in Wien eine erhöhte Priorität in Phase drei gegeben. Um Vorschumme­ln zu verhindern, wird an einer Warteliste für übrig gebliebene Impfstoffe gearbeitet. Beim Onlineport­al, wo sich seit einer Woche alle Wienerinne­n und Wiener für eine Impfung vormerken können, kann man auch anmerken, dass man gerne spontan informiert werden möchte, wenn in der Stadt eine Dosis über ist.

Beim Impfmanage­ment setzt man auf die Erfahrunge­n der Grippe-Impfung aus dem Herbst, die für alle Wienerinne­n und Wiener kostenlos war. Die simple Terminverg­abe und Impfzentre­n in jedem Bezirk und sogar in Straßenbah­nen sorgten dafür, dass die Impfquote von acht Prozent in der vergangene­n Saison auf 25 Prozent stieg.

Über die Stadt verteilt sollen in den nächsten Wochen sieben Corona-Impfzentre­n entstehen. Und auch die Container am Straßenran­d bleiben stehen. Aus den Schnupfenb­oxen sollen in Wien bald Impfboxen werden. Über den Verlust dieser Parkplätze hat sich in Wien noch niemand beschwert.

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APA Christoph Wenisch vom Kaiser-Franz-Josef-Spital war einer der ersten Geimpften

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