Videoanimation von Atombombe auf Wien empört
Das Außenministerium will anlässlich des Atomwaffenverbotsvertrags Schrecken von Atomschlag darstellen. Für Bürgermeister Ludwig ist plastisches Video „indiskutabel“.
Für Aufregung sorgt ein auf Youtube gestelltes Video des Außenministeriums. Darin werden überaus plastisch die Folgen eines Atombombenabwurfs über Wiens Stephansplatz simuliert. In dem Kurzfilm wird vorgerechnet, dass ein Abwurf über der Bundeshauptstadt 230.380 Tote und 504.460 Verletzte zur Folge hätte – als im Video eingeblendeter Text ist unter anderem „Alles Asche. Menschen brennen“zu lesen.
Offizieller Anlass für den Kurzfilm ist das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags
(Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons/TPNW) am vergangenen Freitag: „Mit dem Atomwaffenverbotsvertrag läuten wir den Anfang vom Ende der heimtückischen Waffen ein“, wird Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) im umstrittenen Video zitiert.
Bei einer Pressekonferenz in Wien zeigte er sich zuversichtlich, dass weitere Staaten dem Vertragswerk beitreten werden, etwa die Schweiz und Brasilien. Zugleich warnte er vor nuklearen Risiken. „Die Gefahr hat nicht abgenommen“, betonte er. Inmitten einer neuen nuklearen Aufrüstungsspirale setze der TPNW einen Meilenstein für Abrüstung und Sicherheit, so Schallenberg. Österreich zählt er zu einem der zentralen Initiatoren des Verbotsvertrags.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kann dem Kurzfilm nichts abgewinnen – er reagierte gestern auf Twitter empört: „Das ,AtombombenVideo‘ ist für mich absolut indiskutabel. Es lässt jegliche Sensibilität vermissen. Jetzt ist nicht die Zeit, mit Atombomben
Angst zu schüren, sondern sich um Impfdosen zu kümmern. Die Bundesregierung wäre gut beraten, sich mit aller Kraft der Bewältigung der #Corona-Krise anzunehmen. Videos wie dieses tragen leider absolut nicht dazu bei“, so Ludwig.
Das Außenministerium reagierte auf die Kritik Ludwigs – ebenfalls im Kurznachrichtendienst. Die Gefahr durch Nuklearwaffen werde „leider oft als abstraktes Problem von Großmächten und militärischen Allianzen gesehen“, dem sei aber nicht so, hieß es da.
„Wir wollen zeigen, dass die Bilder, die wir aus Hiroshima und Nagasaki kennen, leider nicht der Vergangenheit angehören“, heißt es aus dem Außenministerium.
Empört reagierte auch Neos-Nationalratsabgeordneter Helmut Brandstätter. „Warum macht die Regierung den Menschen Angst vor dem Abwurf einer Atombombe über Wien? Gibt es Umfragen, dass die Mehrheit das nicht schlimm fände? Kaum. Also: Angst machen, verunsichern, die Regierung als
Schutz darstellen. Propaganda ohne jegliche Verantwortung. Traurig“, schrieb er auf Twitter.
Bis gestern hatte das am Donnerstag online gestellte Video 19.000 Klicks – bewertet wurde es von den Youtube-Usern mehrheitlich negativ. Eine Kommentatorin unter dem diskutierten Kurzfilm: „Wie ,sensibel und einfühlsam‘ zur Zeit einer Pandemie, die Menschen seit bald einem Jahr existenziell, psychisch und physisch belastet, mit einem Horror-Movie völlig unnötig Untergangsstimmung zu verbreiten.“