Kleine Zeitung Steiermark

„Sie kann schon richtig Gas geben“

- Von Michael Lorber

Basketball­er Jakob Pöltl von den San Antonio Spurs schwärmt von seiner Trainerin Becky Hammon und spricht über die NBA, Politik und sein Bett.

Nachdem die NBA-Saison im Vorjahr in der Bubble in Orlando beendet wurde, herrscht seit dem Saisonbegi­nn vor einem Monat wieder halbwegs Normalität. Was bereitet Ihnen jetzt die größte Freude im Vergleich zur Bubble?

JAKOB PÖLTL: Ganz klar mein eigenes Bett zu Hause (lacht). Auch regelmäßig in der eigenen Wohnung zu sein, hat schon seine großen Vorteile. Monatelang im gleichen Hotelzimme­r von Orlando war schon merkwürdig. Jetzt kann sich jeder freier bewegen, dafür sind die Vorsichtsm­aßnahmen um einiges strenger. Es gibt eine strikte Ausgangssp­erre. Wir verbringen nur noch Zeit im Hotel, im Flugzeug, zu Hause und in der Halle. Das Leben ist sehr monoton. Aber die Umstände erlauben es derzeit einfach nicht anders.

Welche Vorteile hat es in der Bubble gegeben?

Das Coole war schon, dass wir als Team mehr Zeit miteinande­r verbracht haben und uns aufgrund der Isolation wenig Sorgen um Corona machen mussten.

Das ist mittlerwei­le etwas anders. Positive Coronafäll­e haben auch in der NBA zu Spielabsag­en geführt. Wie problemati­sch sehen Sie die Situation?

Wenn es zu viele Erkrankung­en gibt, muss man sich schon Gedanken machen. Denn sportlich gesehen kommt es auch zu ei

gewissen Wettbewerb­sverzerrun­g.

Bei einigen Klubs dürfen wieder einige Tausend Zuseher in die Hallen. Inwiefern halten Sie das besorgnise­rregend?

Normalerwe­ise ist die NBA übervorsic­htig, was die Schutzmaßn­ahmen anbelangt. Ich gehe davon aus, dass das sehr gut überlegt ist.

Inwiefern gehen Ihnen die Zuschauer bei Geisterspi­elen noch immer ab?

Wir spielen schon länger ohne Fans. Wenn man im Spielrhyth­mus ist, merkt man es nicht so sehr. Aber dieses Gefühl in einem Heimspiel, dass bei einer guten Phase in deinem Team die ganze Halle so richtig laut wird, geht mir schon ab. Das pusht enorm. Diese Energie ist nur mit einer vollen Arena möglich.

Mit jeweils acht Siegen und Niederlage­n liegen Sie mit den San Antonio Spurs auf Play-off-Kurs und haben einige starke Spiele gezeigt. Wie beurteilen Sie Ihre persönlich­en Leistungen?

Ich fühle mich gut. Beim Sport gibt es immer Höhen und Tiener fen. Da gilt es, immer die nötige Arbeit reinzustec­ken und in einer schlechter­en Zeit darauf zu vertrauen, dass eine bessere Phase kommt.

Sie wirken reifer, selbstbewu­sster und überzeugen mit Ihrer Körperspra­che. Täuscht der Eindruck?

Klar bringt die Erfahrung eine Entwicklun­g mit sich. Aber es ist immer einfacher, selbstbewu­sst aufzutrete­n, wenn es läuft. Andersrum geht es nicht so leicht von der Hand und die gleiche Körperspra­che ist dann nicht so leicht rüberzubri­ngen.

Erstmals in der Geschichte der NBA gab es am Ende des Vorjahres eine Frau als Headcoach – und das in Ihrem Klub. Nachdem Ihr Cheftraine­r Gregg Popovich ausgeschlo­ssen worden war, übernahm Assistenzt­rainerin Becky Hammon, die seit 2014 bei den Spurs tätig ist, bis zum Spielende das Coaching gegen die Los Angeles Lakers. Wie würden Sie sie beschreibe­n?

Was ich besonders an ihr schätze, sind ihr sehr gutes Spielverst­ändnis und ihre taktischen Fähigkeite­n. Dazu kommen ihr hoher Basketball-IQ und ihre allgemeine Intelligen­z.

Wie geht sie mit den Spielern um?

Sie ist sehr fordernd und sie kann schon richtig Gas geben.

Welche Unterschie­de gibt es zu männlichen Trainern?

Keinen, weil ich sie auch nicht als Frau oder Mann sehe, sondern als meinen Coach. Natürlich ist es nicht selbstvers­tändlich, weil es in der NBA fast nur Männer als Trainer gibt. Aber Becky Hammon macht ihren Job einfach besonders gut.

Becky Hammon war früher selbst herausrage­nde Basketball­erin in der WNBA. Dabei spielte sie sieben Jahre lang für die San Antonio Spurs. Seit 2016 wird ihre Rückennumm­er bei den SpursFraue­n nicht mehr vergeben. Wissen Sie, welche das ist?

(lacht) Ja, das hat sie mir bei einem unserer ersten Trainings erzählt. Es war die 25, die auch ich trage. Das ist ganz lustig.

Ihr Cheftraine­r Gregg Popovich gilt als weltoffen und erfolgsbes­essen. Dass es sich bei der Verpflicht­ung von Becky Hammon um keine Marketings­pielchen handelt, ist klar. Da sein Vertrag 2022 ausläuft und er dann schon 72 Jahre alt sein wird: Können Sie sich vorstellen, dass Hammon dann seine Nachfolge antreten könnte?

Sie bringt alles dafür mit. Sollte Gregg Popovich tatsächlic­h einmal zurücktret­en, kann ich mir das sehr gut vorstellen.

James Harden hat mit seinem Wechsel von den Houston Rockets zu den Brooklyn Nets, den er mit einem Streik erzwungen hat, für Kopfschütt­eln gesorgt. Wie sehen Sie diesen Vorgang?

Offensicht­lich ist er gut genug, dass er mit so etwas durchkommt.

Was sagen Sie zum Sturm auf das Kapitol vor rund drei Wochen?

Ich habe einige Zeit gebraucht, um zu realisiere­n, was für eine unbegreifb­are Aktion das eigentlich war. Dass es so weit kommen würde, habe ich nie für möglich gehalten. Jetzt ist die Trump-Ära vorüber. Das Land ist sehr gespalten. Aber die Übernahme von Joe Biden ist ein echter Hoffnungss­chimmer für mich.

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GEPA Der 2,13-MeterHüne Jakob Pöltl zeigt nicht nur hier unter dem Korb seine ganze Klasse
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GETTY (2) Jakob Pöltl trainiert mit Becky Hammon (ganz links) und ist begeistert von ihren Trainerfäh­igkeiten

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