Kleine Zeitung Steiermark

„Kniet euch rein und seid stolz, eine Lehre machen zu dürfen“

Wuppermann-Chef Hubert Pletz erklärt, warum er mit der Lehre weit gekommen ist.

- Hubert Pletz, Wuppermann

Herr Pletz, Sie sind Jahrgang 1967, haben mit Lehre Karriere gemacht. Zuerst bitte: Wie waren die Anfänge?

HUBERT PLETZ: Ich wuchs auf einem Bergbauern­hof in Obdach auf und sollte eine landwirtsc­haftliche Ausbildung machen. Dann sagte ein Onkel: „Bitte lasst den Buben einen Beruf lernen.“Das durfte ich. Bei Alko in Obdach wurde ich zum Maschinenb­auer und Werkzeugma­cher ausgebilde­t.

So groß sind die Unterschie­de nicht. Wir erhielten damals eine sehr gute Basisausbi­ldung, wurden aber bald produktion­snah eingesetzt. Wir wurden auch für den Unterricht in der Berufsschu­le sehr gefördert. Das machen wir bei Wuppermann in Ju- denburg heute genauso.

Sie sind seit 2005 Geschäftsf­ührer von Wuppermann Austria in Judenburg. Welchen Anteil hat daran Ihre Ausbildung?

Ich habe aus eigenem Antrieb den Meister gemacht und bin 1989 zu Wuppermann gewechselt, durfte im Unternehme­n wachsen. Auch, weil ich mich selbst angetriebe­n und weiterentw­ickelt habe. Früher hatte die Lehre in der Öffentlich­keit einen höheren Stellenwer­t. Damit war man toll unterwegs. Das ist zwischendu­rch verloren gegangen.

Welche Chancen bieten sich Lehrlingen nun und was raten Sie ihnen?

Der gut ausgebilde­te Facharbeit­er hat heute wesentlich mehr Chancen, sich weiterzubi­lden und aufzusteig­en, als früher. Jugendlich­e sollten sich rechtzeiti­g mit dem Berufsbild auseinande­rsetzen. Mein direkter Rat an sie: Kniet euch rein und seid stolz darauf, eine Lehre machen zu dürfen, denn das ist ein gutes Fundament für eine weitere Ausbildung.

Die Frage, die wohl die meisten Menschen derzeit bewegt, ist eine ganz schlichte: Wann können wir endlich wieder normal verreisen?

HELGA FREUND: Was wird normal sein? Im vergangene­n Sommer war Reisen ja möglich, nur eben nicht so wie vor der Pandemie. Eine Rückkehr auf ein Niveau wie vor Covid-19-Zeiten wird nur stufenweis­e erfolgen. Wir gehen davon aus, dass diesen Sommer wieder mehr gereist werden kann. Ich hoffe, es geht doch schneller mit den Impfungen. Die Sehnsucht nach Reisen ist jedenfalls sehr groß. Das zeigt eine Umfrage, die wir mit 4511 Menschen gemacht haben, ganz deutlich. 98 Prozent wollen heuer verreisen. So einen hohen Wert hatten wir in unseren Umfragen noch nie.

Das ist verständli­ch, aber soll man tatsächlic­h jetzt schon Urlaubsplä­ne schmieden oder doch lieber noch etwas abwarten?

Unbedingt sollte man planen. Wir wissen nicht nur durch die Umfrage, dass neben dem Reisebedür­fnis auch das Sicherheit­sbedürfnis der Menschen sehr hoch ist. Das merken wir in den Reisebüros.

Sind die derzeit denn überhaupt besetzt?

Sie sind telefonisc­h erreichbar. Die meisten Mitarbeite­r sind zwar im Homeoffice, aber manche Büros sind sogar tatsächlic­h mit einzelnen Kollegen besetzt. Beratung ist gefragt, deshalb gibt es auch eine Service-Zentrale im Headoffice. Viele wollen wissen, wo sie denn überhaupt hinfahren können. Oder zum Beispiel, ob ich für Griechenla­nd eine Impfung brauche. Oder ob ich auch wieder stornieren kann, wenn ich die nicht rechtzeiti­g bekomme. Wir sehen da bei uns eine große Verantwort­ung in der Aufklärung. Es gibt ja dauernd neue Informatio­n zu den einzelnen Ländern. Da haben wir ein ganzes Team dahinterge­setzt, das sich nur darum kümmert.

Ist es aus rechtliche­r Sicht gescheit, schon jetzt fix zu buchen?

Wer sich Reisen selbst zusammenst­ellt, Flüge im Internet bucht, hat ein hohes Risiko. Das sagen die Konsumente­nschützer klar. Wenn Reisen wieder möglich ist, wird das vor allem in Europa sein. Deshalb bieten wir jetzt schon einige Pauschalre­isen an, wenn man die frühzeitig bucht, konkret bis Ende März, dann kann man bis zu 14 Tage vor Reiseantri­tt ohne Angabe von Gründen stornieren und man bekommt seine Anzahlung zurück. Das sind vor allem Ziele am Meer etwa in Griechenla­nd, Italien oder Kroatien. Da wird es eher beschränkt­e Kapazitäte­n geben.

Sehr gut. Ein Viertel der Umfrage-Teilnehmer würde sogar schon wieder gerne eine Fern

Bei kurzfristi­gen Lockdowns oder Grenzschli­eßungen werden wir umbuchen oder kulant stornieren.

Erwarten Sie, dass der Impfpass zu einer Art Reisepass wird?

Ich kann mir schon vorstellen, dass die Impfung für Reisen sehr wichtig werden wird. Wir werden Kunden auf alle Bestimmung­en aufmerksam machen.

Auf der Seite der Partner, sehen Sie da ein Hotel-Sterben?

Das sehen wir so nicht, unsere Partner sind alle zuversicht­lich, dass das eine gute Saison wird.

Wie kommt das Verkehrsbü­ro selbst als Gruppe durch die Krise?

Den Winter können wir natürlich völlig abhaken. Für den Somer sind wir optimistis­ch. Wir gehen in der Ruefa davon aus, dass der Umsatz heuer bei 50 Prozent des Umsatzes von 2019 liegen wird. 2020 waren wir 70 Prozent hinter 2019.

Wann erwarten Sie eine Rückkehr auf das Niveau von 2019?

Ungefähr 2023. Wir haben noch eine Durststrec­ke vor uns.

Die Hilfen der Regierung waren bisher ausreichen­d?

Die Kurzarbeit haben wir über die ganze Gruppe umgesetzt. Generell sind die Hilfen in Österreich umfangreic­her als in anderen Ländern. Wichtig wäre, nicht alles auf kleine Unternehme­n auszuricht­en.

Das schauen wir uns erst an.

Oder droht bei den Reisebüros durch Digitalisi­erung eine Schließung­swelle?

An der Digitalisi­erung arbeiten wir intensiv. Da wollen wir viel investiere­n. Aber wir sind trotzdem davon überzeugt, dass die menschlich­e Komponente ganz wichtig bleibt. Einzelne Standorte prüfen wir immer ganz genau, eine Schlie

ßungswelle sehe ich nicht.

Ist Personalab­bau ein Thema im Zuge der Umstruktur­ierungen?

Wir evaluieren gerade, wie wir uns da aufstellen. Für Details ist es zu früh.

Wie viel Substanz hat die Krise die Gruppe gekostet?

Unsere Bilanz wird rot sein, das geht gar nicht anders. Wir sind trotzdem gut aufgestell­t und wir haben Eigentümer, die uns unterstütz­en (AVZ-Stiftung und Wr. Städtische, Anm.). Es ist auch für uns schwierig, aber ohne Gefahr einer Schieflage.

Wir sind noch in der Endphase der Strategiea­rbeit, der letzten Feinabstim­mung. Da kann ich jetzt nichts vorwegnehm­en.

Wir wollen natürlich klar definieren, worauf wir uns in Zukunft konzentrie­ren wollen, um wieder zu wachsen.

Flexibilit­ät, Erreichbar­keit ist ganz elementar, wir haben schnell ein eigenes Krisenteam aufgestell­t. Jetzt ist wichtig, dass weltweit schnell geimpft wird.

Natürlich. Das Thema wird sicher nicht mehr weggehen, aber wir können es auch nicht über alle Reisen drüberzieh­en. Das würde nicht funktionie­ren, weil es einfach sehr viele Reisende gibt, die gern Kreuzfahrt­en buchen oder auch weit wegfliegen möchten. Es wird von uns aber eine ganz eigene Linie geben, wo Nachhaltig­keit die zentrale Rolle spielt. Wir glauben, dass das ein großes Zukunftsth­ema ist.

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PLETZ Wenn Sie auf die Ausbildung heute schauen: Hat sich viel verändert?
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Sieht die neue Strategie vor, einige Bereiche abzustoßen?
Aber können Sie zu Grundzügen der Strategie etwas sagen?
Was ist die wichtigste Lehre aus der Pandemie und was macht Ihnen derzeit die meisten Sorgen?
Wird beim Reisen künftig stärker dem Klimaschut­z Rechnung getragen?
Helga Freund: „Wichtig, dass schnell geimpft wird“
VERKEHRSBÜ­RO Verlängern Sie die Kurzarbeit? Sieht die neue Strategie vor, einige Bereiche abzustoßen? Aber können Sie zu Grundzügen der Strategie etwas sagen? Was ist die wichtigste Lehre aus der Pandemie und was macht Ihnen derzeit die meisten Sorgen? Wird beim Reisen künftig stärker dem Klimaschut­z Rechnung getragen? Helga Freund: „Wichtig, dass schnell geimpft wird“

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