Kleine Zeitung Steiermark

Commerzial­bank: „Kollektive­s Versagen“

- Hannes Gaisch-Faustmann

Masseverwa­lter listen Versäumnis­se auf. OeNB hätte Schwindel leicht finden können.

In der Causa Commerzial­bank gibt es nun die zweite Amtshaftun­gsklage gegen die Republik. Nach der Einlagensi­cherung (ESA) fordern auch die Masseverwa­lter der in Konkurs befindlich­en Commerzial­bank im Namen der Gläubiger einen Schadeners­atz. Konkret 303,07 Millionen Euro. Das sei der Schaden der letzten 10 Jahre, so die Kläger der Kanzlei Kosch & Partner – der Schaden in den Jahren davor sei laut Amtshaftun­gsgesetz verjährt. Die ESA, die sich aus Geldern der Banken finanziert, klagte die Summe von 490 Millionen Euro ein – dieses Geld hatte sie den Geschädigt­en der Commerzial­bank auszahlen müssen.

Die Masseverwa­lter konstatier­en ein „kollektive­s Versagen der Organe der Republik Österreich“, namentlich der Finanzmark­taufsicht (FMA), der Nationalba­nk (OeNB), des Finanzmini­steriums und der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft sowie der Staatsanwa­ltschaft Eisenstadt. Auf 57 Seiten listen sie schwere Vorwürfe auf. So sei bereits die Erteilung der Bankkonzes­sion durch das Finanzmini­sterium 1996 rechtswidr­ig erfolgt, da die Voraussetz­ungen dafür gefehlt hätten. Zwischen 2002 und 2015 habe die FMA keine einzige VorOrt-Prüfung durch die OeNB in Auftrag gegeben. Obwohl die OeNB-Tochter Geldservic­e Austria seit 2010 insgesamt 386 Millionen Euro Bargeld ausgeliefe­rt, aber nur 38 Millionen erhalten habe. Bei anderen Banken sei dieses Verhältnis ausgeglich­en: „Dieser Umstand lässt sich nur durch Malversati­onen erklären“, so die Masseverwa­lter. Zudem hätte der OeNB auffallen müssen, dass die Commerzial­bank zwar hohe Einlagen bei anderen Banken meldete (zuletzt 431 Millionen Euro), die anderen Banken aber nicht: Auch hier hätte ein „simpler Abgleich“ausgereich­t. 2015, bei der endlich eingeleite­ten Prüfung, entdeckte die OeNB acht Gesetzesve­rstöße und 65 Mängel, reagierte laut Masseverwa­ltern aber viel zu milde. Angemessen wäre die sofortige Sperre der Bank gewesen.

Mit der ESA und den Konkursver­waltern klagen zwei Schwergewi­chte die Republik. Das Land Burgenland legte gestern mit einer Klage über ihre Energie-Tochter nach und fordert 4,9 Millionen Euro. Zugleich ist das Burgenland als Revisionsb­ehörde selbst Adressat von Schadeners­atzansprüc­hen. Demnächst werden außerdem Anwälte von Anlegern die Republik vor Gericht bringen. Der Prozessfin­anzierer LVA24 steht mit dem Linzer Anwalt Gerald Waitz kurz davor, wie man der Kleinen Zeitung bestätigt.

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FUCHS Anwälte klagen Behördenve­rsagen an

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