Commerzialbank: „Kollektives Versagen“
Masseverwalter listen Versäumnisse auf. OeNB hätte Schwindel leicht finden können.
In der Causa Commerzialbank gibt es nun die zweite Amtshaftungsklage gegen die Republik. Nach der Einlagensicherung (ESA) fordern auch die Masseverwalter der in Konkurs befindlichen Commerzialbank im Namen der Gläubiger einen Schadenersatz. Konkret 303,07 Millionen Euro. Das sei der Schaden der letzten 10 Jahre, so die Kläger der Kanzlei Kosch & Partner – der Schaden in den Jahren davor sei laut Amtshaftungsgesetz verjährt. Die ESA, die sich aus Geldern der Banken finanziert, klagte die Summe von 490 Millionen Euro ein – dieses Geld hatte sie den Geschädigten der Commerzialbank auszahlen müssen.
Die Masseverwalter konstatieren ein „kollektives Versagen der Organe der Republik Österreich“, namentlich der Finanzmarktaufsicht (FMA), der Nationalbank (OeNB), des Finanzministeriums und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie der Staatsanwaltschaft Eisenstadt. Auf 57 Seiten listen sie schwere Vorwürfe auf. So sei bereits die Erteilung der Bankkonzession durch das Finanzministerium 1996 rechtswidrig erfolgt, da die Voraussetzungen dafür gefehlt hätten. Zwischen 2002 und 2015 habe die FMA keine einzige VorOrt-Prüfung durch die OeNB in Auftrag gegeben. Obwohl die OeNB-Tochter Geldservice Austria seit 2010 insgesamt 386 Millionen Euro Bargeld ausgeliefert, aber nur 38 Millionen erhalten habe. Bei anderen Banken sei dieses Verhältnis ausgeglichen: „Dieser Umstand lässt sich nur durch Malversationen erklären“, so die Masseverwalter. Zudem hätte der OeNB auffallen müssen, dass die Commerzialbank zwar hohe Einlagen bei anderen Banken meldete (zuletzt 431 Millionen Euro), die anderen Banken aber nicht: Auch hier hätte ein „simpler Abgleich“ausgereicht. 2015, bei der endlich eingeleiteten Prüfung, entdeckte die OeNB acht Gesetzesverstöße und 65 Mängel, reagierte laut Masseverwaltern aber viel zu milde. Angemessen wäre die sofortige Sperre der Bank gewesen.
Mit der ESA und den Konkursverwaltern klagen zwei Schwergewichte die Republik. Das Land Burgenland legte gestern mit einer Klage über ihre Energie-Tochter nach und fordert 4,9 Millionen Euro. Zugleich ist das Burgenland als Revisionsbehörde selbst Adressat von Schadenersatzansprüchen. Demnächst werden außerdem Anwälte von Anlegern die Republik vor Gericht bringen. Der Prozessfinanzierer LVA24 steht mit dem Linzer Anwalt Gerald Waitz kurz davor, wie man der Kleinen Zeitung bestätigt.