Nicht auf U-Bahn warten
Ob Graz eine U-Bahn braucht, mögen Experten beurteilen. Zukunftsdenken sollte jedoch erlaubt sein und ist wünschenswert. Die Stadt Graz hat aber noch lange nicht ihre Hausaufgaben gemacht, was das bestehende (!) Öffi-Angebot betrifft. Um im öffentlichen Verkehr etwas zu bewegen, braucht es im ersten Schritt ein attraktives Angebot, das haben andere Städte hinlänglich bewiesen. Graz leider nicht: Beispielsweise reduzieren die meisten Straßenbahnlinien in Österreichs zweitgrößter Stadt bereits ab 22 Uhr ihre Frequenz auf einen 30-Minuten-Takt, vom Busverkehr ganz zu schweigen. Nach einer Kulturveranstaltung (hoffentlich bald wieder!) oder einem abendlichen Treffen in der Innenstadt ist man somit auf den eigenen Pkw oder ein Taxi angewiesen – und stellt fest, dass sich eine Jahreskarte eigentlich doch nicht lohnt. Anschlüsse werden von den Grazer Öffis oft nicht abgewartet. Bim und Bus fahren den Fahrgästen beim Umsteigen häufig davon.
Vorrang hat in der Murmetropole unbestritten und vor allem das Auto, der Fußgänger kommt zuletzt. Erst vor Kurzem hat der Rechnungshof Maßnahmen zur Luftqualität und eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs in Graz eingemahnt. Bitte mit der Umsetzung von diesbezüglichen Maßnahmen nicht damit warten, bis die U-Bahn kommt!
Graz nicht verstehe, ist, wie das vonseiten der Stadt Graz abläuft. Offensichtlich hat man bei den Planungen Bund und Land überhaupt nicht eingebunden. Jetzt gibt es vonseiten des Bundes schon länger die klare Vorgabe der finanziellen Beteiligung von Öffi und Nahverkehrsprojekten außerhalb von Wien, aber mit der Bedingung, dass sie über die Ortsgrenzen der Stadt gehen bzw. die Region denken. Man sollte also zumindest mit den Gemeinden im Bezirk Graz-Umgebung ein Gesamtpaket machen, das über die Stadtgrenzen hinausgeht. Von den Pendlerströmen her könnte man auch Voitsberg, Weiz und Leibnitz einschließen. Für einen richtig großen Wurf beim öffentlichen Verkehr wäre das dringend notwendig.
Gössendorf