Kontrollierte Macht
SKathrin Stainer-Hämmerle meint, die Frage nach den richtigen Richtern erschüttere die Demokratie. ebastian Kurz hat der Justiz ein großzügiges Angebot gemacht. So wirkt im ersten Moment die Bereitschaft des Bundeskanzlers, jederzeit im Fall Blümel auszusagen. Doch gleichzeitig kritisiert Kurz die Behörde, indem er von „unrichtigen Annahmen“und „fehlerhaften Fakten“schreibt. In einem offenen Brief übrigens, obwohl der Bundeskanzler die Absicht, sich öffentlich einzumischen, verneint. Diese Vorgangsweise überrascht dann doch, nicht nur wegen der doppeldeutigen Botschaften. Denn zentrales Merkmal einer Demokratie ist die Gewaltenteilung.
Angedachte Reformen wie ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt, die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und transparente Parteienfinanzierung wären jedenfalls ein Gewinn für die Demokratie. Überraschenderweise findet sich auch die Forderung nach der Öffentlichmachung von abweichenden Meinungen nach Beratungen des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesentwurf.
Man kann dies ebenfalls als Vorschlag für mehr Transparenz sehen. Allerdings einen, den die ÖVP bisher ablehnte. Andreas Khol warf bereits Ende der 1990er-Jahre ein, mögliche „Richterschelte“gefährde die Unabhängigkeit der Verfassungsrichter. Wenn bekannt werden darf, wer welche Meinung vertritt, könnten selbst unabsetzbare Richter unter Druck geraten. Die Richter selbst fürchteten eine Abwertung nicht einstimmig gefasster Urteile und ihrer Autorität als Gremium. iemand wird der ÖVP unterstellen, den VfGH und seine Entscheidungen auf diese Weise entwerten zu wollen. Dennoch bleibt die Frage, ob der Zeitpunkt gut gewählt ist. Alles und jeden mit parteipolitischen Motiven zu erklären, ist in Österreich bedauerlicherweise immer noch politischer Alltag. Mit verschiedenen Meinungen umzugehen, fällt in Zeiten der Unsicherheit allen schwer. Sogar dem Kanzler, der letztes Frühjahr auf unterschiedliche Vorschläge der Virologen antwortete: Zum Glück höre er nicht auf die falschen Experten. Wer die Frage nach den richtigen Richtern aufkommen lässt, erschüttert die Gewaltenteilung und dadurch unsere Demokratie.
lehrt Politikwissenschaft an der Fachhochschule Kärnten
„Alles und jeden mit parteipolitischen Motiven zu erklären, ist in Österreich bedauerlicherweise immer noch politischer Alltag.“
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