Höllenfahrt für die Kamera
Der Musikverein zeigt seinen „Don Giovanni“erst nur in den Medien. Derzeit laufen die Aufnahmen.
Dort, wo in den vergangenen Monaten statt Dirigenten die Coronatester die Stabführung übernommen haben, regiert wenigstens für einige Tage wieder die Musik. Im Stefaniensaal, der angestammten Heimstatt des Musikvereins im Congress, fegt ein „Don Giovanni“Ensemble über die Bühne.
Die für TV-Kameras stattfindende Produktion ist die jüngste Frucht einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Musikverein, der Angelika-Prokopp-Sommerakademie der Wiener Philharmoniker und der MUK Privatuniversität Wien: Junge Musiker, die längst nicht mehr nur als Talente bezeichnet werden dürfen, führen in Graz seit einigen Saisonen kontinuierlich szenisch Mozartopern auf.
Diesmal, in der von Corona arg geplagten Saison, ist es die „Opern aller Opern“, ein Filet
stück des Repertoires: Gespielt wird der „Giovanni“ohne Publikum, nur ein paar Medienvertreter und der Vorstand des Musikvereins waren beim ersten der Durchläufe dabei, die die KünstlerInnen noch bis Mittwoch beschäftigen. Aufgenommen wird für einen Stream auf der Musikvereins-Webseite sowie für eine TV-Ausstrahlung (die Termine sind noch offen). Eine tief in den Raum greifende
Bühne bietet dem Ensemble die Spielfläche, die Regisseure Stephanie Schimmer und Wolfgang Gratschmaier sorgen für viel Action und Ideen, wobei wirklich nicht alle gut sind.
Dirigent Andrea Alessandrini feuert das junge Akademieorchester zu einer exzellenten Leistung an, mit seinen Tempi bringt er jedoch manchen Sänger in Bedrängnis. Nicht nur Jinxin Chen (in der Titelpartie), Anastasia Michailidi (Elvira) und Risa Matsushima (Anna) zeigen allerbeste Anlagen. Live vor Publikum wird das Produkt auch gezeigt werden: am 17. September. Bis dahin heißt es warten und streamen, den nächsten Aufzeichnungstermin des Musikvereins gibt es schon im März, wenn Dirigent Roland Kluttig „seine“Grazer Philharmoniker bei Dvóˇraks 8. Symphonie leitet.