Bei der Suizidbeihilfe stößt das Recht an seine Grenzen „Befürchtungen, dass alte und krankeMenschen mit Pflegebedarf unter sozialen Erwartungsdruck geraten, sind realistisch.“
Dmeint, dass die Gefahr eines Missbrauchs bei der Sterbehilfe alles andere als gering sei as Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zum „Assistierten Suizid“ist komplexer, als es Heimo Lambauer in seinem Artikel „Grenzen der Strafbarkeit“interpretiert. Aus juridischer Sicht ist das im Artikel 8 der Menschenrechtskonvention verbriefte Recht auf Selbstbestimmung zentral. Das Höchstgericht sieht dabei auch keinen Konflikt zwischen dem Lebensschutz als staatliche Aufgabe (Artikel 2 der Menschenrechtskonvention) und einer Freigabe der Suizidbeihilfe – vorausgesetzt, es liegt eine freie und selbstbestimmte Entscheidung vor.
Diese Gedanken folgen einer bestimmten rechtlichen Logik. Aus ethischer Sicht sind aber Rückfragen notwendig. Zunächst ist zu klären, wie man in der Praxis feststellen kann, wann wirklich eine freie Entscheidung vorliegt. Auch wenn der Gesetzgeber zur Verhinderung von Missbrauch Maßnahmen, wie verpflichtende Beratungen, erarbeiten wird, bleibt offen, wie diese in der Praxis effektiv sein können. Dass die Gefahr eines Missbrauchs gering sei, so wie Heimo Lambauer schreibt, halte ich in diesem Kontext für fraglich. Befürchtungen, dass alte und kranke Menschen mit Pflegebedarf unter sozialen Erwartungsdruck geraten, sind realistisch.
Auch wenn keinem Menschen von außen ein Urteil über einen Suizid zusteht, wäre es unter Verweis auf die Autonomie des Suizidwilligen vermessen zu behaupten, dass die Verantwortung dafür allein in dessen eigene Zuständigkeit fällt. Autonome Entscheidungen vollziehen sich immer in sozialen Beziehungen. Deshalb soll jeder Suizidwillige seine Absicht mit seinem Arzt bereden dürfen, so wie es Heimo Lambauer schreibt. Denn einem Suizidwilligen geht es oft nicht darum, nicht mehr weiterleben zu wollen, sondern darum, nicht mehr so weiterleben zu wollen. Auf solche Erfahrungen verweisen immer wieder Ärzte und Pflegende. Hier stößt aber auch das Recht an seine Grenzen. Deshalb müssen wir als solidarische Gesellschaft Bedingungen schaffen, prekäre Verhältnisse von Suizidwilligen zu verbessern. Der Ausbau von Hospiz und Palliativmedizin ist dabei oberstes Gebot.
lehrt Ethik an der Medizinischen Universität Graz