Kleine Zeitung Steiermark

Anschobers Rücktritt ist auch ein Appell

- Michael Landau

Ich schätze Rudolf Anschober, habe Respekt und bin ihm dankbar. Für sein Handeln waren nicht wahlstrate­gische Gründe maßgeblich, sondern das Gemeinwohl und die Gesundheit der Menschen in unserem Land. In der Zusammenar­beit war die soziale Verantwort­ung, die ihn stets antrieb, deutlich spürbar. Es war ihm wichtig, im Gespräch zu bleiben: über die Nöte der Menschen, die wir in unserer Arbeit täglich erleben, mit der Absicht, sie bestmöglic­h zu unterstütz­en.

Wir gehen durch fordernde Zeiten: Corona. Klimakrise. Über allem eine Krise des Vertrauens. Nach über einem Jahr Ausnahmezu­stand sind wir alle müde und erschöpft von den Einschränk­ungen und dem Abstandhal­ten. Das gilt für uns alle – es gilt in besonderer Weise aber für all jene, die in dieser herausford­ernden Zeit Verantwort­ung tragen: am Pflegebett ebenso wie in der Notaufnahm­e. In der Politik genauso wie im Bereich der Wirtschaft.

Ich denke oft an die Worte des deutschen Gesundheit­sministers, der zu Beginn der Pandemie gesagt hat: „Wir werden einander viel verzeihen müssen.“Ich bin überzeugt: Wir sollten jetzt darauf achten, dass am Ende nicht zu viel zusammenge­kommen ist. Der Rücktritt von Anschober sollte für uns alle auch Auftrag und Appell sein: Gerade in Krisensitu­ationen müssen wir das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Wir dürfen uns wechselsei­tig nicht leichtfert­ig absprechen, das Beste für unser Land erreichen zu wollen. Zusammenha­lt und Zuversicht. Wertschätz­ung und Dialog. Darum sollte es gerade jetzt gehen. ch danke Rudolf Anschober für sein Engagement bei der Überwindun­g dieser Krise und dafür, dass er wichtige Projekte wie die Pflegerefo­rm vorangetri­eben hat. Über 12 lange Monate konnte sich das Land auf seinen Gesundheit­sminister verlassen. Nun ist es vielleicht Rudolf Anschober, der sich darauf sollte verlassen können, dass wir diese Krise weiter entschiede­n bekämpfen und für jene da sind, die uns besonders brauchen. Am Tag, an dem die Pandemie hinter uns liegt, sollten wir sagen können: Wir haben unser Bestes gegeben. Rudolf Anschober wird das können. Es sollte auch unser Ziel sein.

ist Präsident der Caritas Österreich.

„Wir dürfen uns wechselsei­tig nicht leichtfert­ig absprechen, das Beste für unser Land erreichen zu wollen.“

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