Von der Ostseeküste in die Alpenrepublik
Eine 37-Jährige übernimmt das Steuer bei der Österreich Werbung.
Deutschland ist der wichtigste Herkunftsmarkt, aus dem sich heimische Tourismuserfolge speisen. So betrachtet ist es stimmig, dass ab 1. Juni mit Lisa Weddig eine Deutsche die Geschicke der Österreich Werbung (ÖW) lenkt. Den Lackmustest für die Alpenrepublik hat die gebürtige Göttingerin, aufgewachsen in Schleswig-Holstein an der Ostseeküste, bereits im Alter von zehn Jahren bestanden – auf Skiern. Eine von mehreren Sportarten, der die 37-Jährige frönt: Sie läuft Halbmarathon, mag Drachenboote und ist ausgebildete Yogatrainerin. Und toughe Managerin: Zwölf Jahre arbeitete Weddig auf dem durch die Pandemie in schwere Seenot geratenen Tourismusdampfer TUI. Zuerst in Deutschland, dann in Australien. Von 2015 bis 2020 war sie als Geschäftsführerin von TUI Österreich auch für Osteuropa zuständig und verantwortete 650 Mitarbeiter und 700 Millionen Euro Umsatz.
Im Oktober 2020 verließ Weddig den Reisekonzern, um die Welt zu bereisen, bevor sie den nächsten beruflichen
Schritt gehen wollte. Weit gekommen ist sie nicht: Am Dienstag wurde die Überraschungskandidatin in der Spanischen Hofreitschule, wo sonst Lipizzaner Runden ziehen, als Nachfolgerin von Petra Stolba präsentiert – die 56Jährige verlässt die ÖW nach 15 Jahren.
Die Aufgabe, den von der CoronaPandemie gebeutelten Tourismus aufzurichten, beschreibt Weddig, die im Harz Tourismuswirtschaft studierte, als gewaltig. Keine Übertreibung: Die Eigenschaften der WahlWienerin, die als ehrgeizig, energiegeladen, herzlich und offen für Neues gilt, sollten ihr dabei helfen. Nach dem Schmid-ÖBAG-Desaster der ÖVP ist bei Weddig keine Parteinähe überliefert. Als Führungskraft will sie inspirieren und motivieren – und ein Vorbild sein. Bei den Landestourismus-Organisationen gilt sie als unbeschriebenes Blatt. Das wird sich ändern: Die Vertrieblerin muss das Marketingunternehmen mit seinen 200 Mitarbeitern von Grund auf neu strukturieren und die Digitalisierung vorantreiben.