Kleine Zeitung Steiermark

Wenn ein Ratspräsid­ent nicht mehr gut schläft!

Warum hat Ursula von der Leyen mit ihrem „Ähm“anders reagiert als ihr Vorgänger? Weil sie eine Frau ist?

- Carina Kerschbaum­er

Welche Geschichte wird von Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen in Erinnerung­en bleiben? Mit Sicherheit ihr überrascht­es „Ähm“, ihr fragender Blick auf den im Herrschers­essel thronenden türkischen Präsidente­n und den im anderen Barocksess­el sitzenden Ratspräsid­enten Michel. Ohne „Ähm“wäre Sofagate kaum zu Sofagate geworden. Und Europapoli­tiker würden nicht weiterhin fragen, warum Michel nicht aufgesprun­gen ist, seinen Platz angeboten hat und selbst auf das gelbe Sofa ausgewiche­n ist. Er selbst schläft ja jetzt nicht gut und wünscht sich, alles wiederhole­n zu können, um „die Sache zu reparieren“. Also seinen Sessel anzubieten. Aus Höflichkei­t, nicht wegen des Protokolls. Immerhin hat der Vorgänger von Leyen, Jean-Claude Juncker, die

Welt wissen lassen, dass Sofagate kein Sofagate ist, weil protokolla­risch die Kommission­spräsident­in Nummer 2, der Ratspräsid­ent Nummer 1 sei. Auch er sei ab und zu auf dem Sofa gesessen. Was er nicht sagte: Er reagierte nicht mit „Ähm“. as der Grund sein dürfte, dass sich bei Junckers Sitzen am Sofa keiner über einen „beschämend­en Akt“empörte. Also all die Empörung, weil man einer Frau gegenüber eine andere Höflichkei­t erwartet, wie es Junckers Äußerungen vermuten lassen? Sofagate: ein

WRelikt aus der Zeit „Gnädige Frau, darf ich Ihnen in den Mantel helfen?“. Wollen aber Frauen wegen des Frauseins anders behandelt werden? Nein, das wollen sie nicht, selbst wenn es zwischendu­rch klammheiml­ich erwartet wird. Als Ratspräsid­entin wäre von der Leyen neben Erdog˘an gesessen. Aber wo wäre Michel als Kommission­spräsident gesessen? Auf dem Sofa oder auf einem dritten Stuhl? Aber ja, da hätte sich ein Stühlchen gefunden. Kein Wunder, dass er seit dem Vorfall nicht gut schläft.

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