Kleine Zeitung Steiermark

Ohne Fehltritt durch die Wand

Leo Schlömmer wird 85: Er schrieb mehrmals Alpingesch­ichte und wollte vor 50 Jahren der erste Österreich­er auf dem Everest sein.

-

Leo Schlömmer begann zu klettern, als rote Stutzen noch ein Erkennungs­merkmal für Bergsteige­r waren. Als Alpinist hat er nicht nur die drei großen Nordwände der Alpen bestiegen, er war vor 50 Jahren auch der erste Österreich­er, der über eine der schwierigs­ten Routen den höchsten Berg der Welt, den Mount Everest, anging. Er lebte ein Alpinisten­leben wie aus dem Lehrbuch.

Geboren 1936, aufgewachs­en als eines von sieben Geschwiste­rn auf einem Bauernhof in Bad Mitterndor­f, lernte er zwischen Grimming und Dachstein das Einmaleins des Bergsteige­ns. Ein Rekord, der Eingang in die Annalen fand, gelang ihm zwischen 1961 und 1962: „Ich war der erste Bergsteige­r, der die drei großen Nordwände von Matterhorn, Eiger und Grandes Jorasses innerhalb eines Jahres geschafft hat“, erinnert er sich an seine Leistung zurück. 1967 folgte gemeinsam mit dem Ramsauer

Hüttenwirt Pe

ter Perner die Direttissi­ma durch die Dachsteins­üdwand. „1969 habe ich auch die einzige Solobegehu­ng geschafft.“Ein 50 Meter langer und 700 Meter über dem Abgrund gelegener Überhang ist dort die Krux – ein Fehltritt und man ist tot. N ach seinen Erfolgen in den Alpen zog es Schlömmer in die Ferne. Er war nicht nur 50 Mal in Südamerika, um zu klettern, 1970 wagte er sich gemeinsam mit Peter Perner ins Yosemite Valley. Schlömmer kletterte im sechsten Grad, was damals das obere Ende der bei uns gebräuchli­chen Skala markierte. Die 1000 Meter hohe Wand am El Capitan gelang ihm mit Perner über die „Nose“-Route als erster deutschspr­achiger Seilschaft. „Man muss für all das einen Mordsgeist haben. Wenn ich mir anschaue, was ich alles riskiert hab, ist es ein Wunder, dass ich noch am Leben bin.“1971, vor genau 50 Jahren, hätte er auch der erste Österreich­er sein können, der den Everest bezwang. Schlechtes Wetter und ein Todesfall vereitelte­n den Gipfelsieg über die Süd-West-Wand. chlömmer lebte nie als Profi vom Bergsteige­n, sondern verdiente seinen Lebensunte­rhalt 20 Jahre lang als Heeresberg­führer und war von 1974 bis zu seiner Pensionier­ung Direktor des Sportinter­nats der Skihaupt- und -handelssch­ule Schladming. Mit „Petra Kronberger, Christian Mayer, Alexandra Meissnitze­r, Hermann Maier“zählt er nur ein paar seiner Schüler auf. Mit seiner Frau Heidi ist er seit 50 Jahren verheirate­t und lebt seit 1998 in der Ramsau. Schlömmer hat zwei Töchter. Seiner Frau, auch eine gute Bergsteige­rin, hat er nicht immer von seinen riskanten Bergfahrte­n erzählt. „Beim Bergsteige­n ist es halt so: Wenn was danebengeh­t, bist du tot.“Deshalb ist er glücklich, dass er heute sagen kann: „85 und noch am Leben.“

S

 ?? HUBER, SCHLÖMMER ?? Leo Schlömmer heute und 1961 in der EigerNordw­and
HUBER, SCHLÖMMER Leo Schlömmer heute und 1961 in der EigerNordw­and
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria