Kleine Zeitung Steiermark

„Wir sprechen zuerst Verwarnung­en aus“

- Bezirkspol­izeikomman­dant Schnabl

Der Polizeiche­f des Bezirkes Liezen über die Arbeit der Exekutive in Coronazeit­en.

Wie hat Coronakris­e die Arbeit der Polizei verändert?

SIEGMUND SCHNABL: Sie hat uns vor allem vor große Herausford­erungen gestellt. Durch die Kontrollen der Corona-Positiven sowie Kontaktper­sonen haben Kolleginne­n und Kollegen zahlreiche Überstunde­n erbringen müssen. Außerdem musste das Dienstsyst­em auf gruppenori­entierten Wechseldie­nst umge- stellt werden.

Was heißt das? Sollte sich auf einer Dienststel­le ein Corona-Cluster entwickeln, wird durch den gruppenori­entierten Wechseldie­nst sichergest­ellt, dass nicht die gesamte Mannschaft betroffen ist. Leider ist es im vergangene­n Sommer dazu gekommen, dass einige Kollegen einer Dienststel­le erkrankt sind. Dank der Teilung der Mannschaft konnte der Gesamtausf­all aber verhindert werden und die Einsatzber­eitschaft der Dienststel­le wurde gesichert.

Hat die Polizei jemanden, der sich im harten Lockdown mit Freunden getroffen hat, zuerst verwarnt oder sofort gestraft?

Ich kann Ihnen versichern: Alle meine Kolleginne­n und Kollegen sprechen zuerst Verwarnung­en – oder wie wir sagen, straflose Abmahnunge­n – aus. Erst wenn diese Maßnahmen nicht zum gewünschte­n Erfolg führen, wird mit Strafen vorgegange­n.

Haben Sie bei dem Verhalten der Menschen zwischen Lockdown 1 und Lockdown 3 große Unterschie­de bemerkt?

Beim ersten Lockdown waren die Menschen teilweise schon sehr verängstig­t. Das gesamte Leben ist stillgesta­nden. Ab dem zweiten Lockdown war so ein Verhalten nicht explizit festzustel­len. Jetzt sind viele Menschen trotz der höheren Fallzahlen nicht mehr bereit, die Ausgangsbe­schränkung­en und die Corona-Schutzmaßn­ahmen mitzutrage­n. Im Bezirk kam es auch immer wieder zu größeren Demonstrat­ionen. Auch das Verhalten der Jugendlich­en hat sich geändert. Wir mussten immer wieder verbotene Treffen in Garagen, Heustadeln bis hin zu öffentlich­en Toilettena­nlagen auflösen.

Haben Sie persönlich Verständni­s dafür, dass Jugendlich­e sich trotz allem treffen wollen?

Ich habe selbst eine Tochter, die sich mit Studium und den Covid-Vorschrift­en im Distance Learning herumschlä­gt. Auch hier ist deutlich spürbar, dass ihr der persönlich­e Umgang mit ihren Freunden und Studienkol­legen fehlt. Ich habe also durchaus Verständni­s, muss aber gleichzeit­ig an alle appelliere­n, den Mindestabs­tand einzuhalte­n und eine Maske zu tragen. Nur durch die gemeinsame Anstrengun­g wird es uns möglich sein, das Virus einigermaß­en im Zaum zu halten.

Interview: Viviane Simonlehne­r und Sarah Auer

ten Lockdown und natürlich auch begünstigt durch die sommerlich­en Temperatur­en sanken die Infektions­zahlen wieder. Ein normales Leben schien wieder möglich, für eine kurze Zeit war Covid-19 komplett vergessen.

„Als ich im Sommer auf der

Wiese am Badesee lag, fiel mir auf, dass sich keiner der Besucher so verhielt, als ob sie sich Sorgen wegen Corona machen würden. Das veränderte sich auch im Herbst nicht“, meint ein junger Weißenbach­er.

Der Herbst ging in den Frühwinter über. In den Medien dominierte die Forderung des Handels, doch nicht das Weihnachts­geschäft aufs Spiel zu setzen. Die Wirtschaft forderte die Regierung auf, die Geschäfte über Weihnachte­n zu öffnen. Die Jugendlich­en hatten zu diesem Zeitpunkt andere Gedanken: Wie und wann kann ich meine Freunde endlich wieder sehen?

„Wir haben ab diesem Zeitpunkt klar gesehen, dass sich viele

Mir ist nicht immer klar, welche Maßnahmen aktuell gelten und wie man sich verhalten soll. Wir vermissen unsere Freunde einfach und

wollen sie sehen.

Ennstaler nicht mehr an die Ausgangsbe­schränkung­en gehalten haben“, weiß ein Polizist aus dem Bezirk. „Dazu musste man nur das Verkehrsau­fkommen auf der Ennstalbun­desstraße, aber auch auf den Landstraße­n beobachten. Die Menschen haben wieder soziale Kontakte gesucht. Wir als Polizei haben uns mit dem Kontrollie­ren oft schwergeta­n, weil man nicht weiß, ob die Fahrten unter die Ausnahmere­gelungen fallen oder unerlaubt sind. Außerdem konnten Privatpart­ys in Häusern und Wohnungen nicht kontrollie­rt werden, da es keine gesetzlich­e Befugnis dafür gab.“

Diese Situation hat sich auch ein Jahr später nicht geändert: „Mir ist nicht klar, welche Maßnahmen aktuell gelten und wie man sich dementspre­chend verhalten soll“, sagt ein 19-Jähriger aus Aich. „Wir vermissen unsere Freunde und wollen sie sehen.“Man wisse um die Unrechtmäß­igkeit dieser Treffen, aber die Sehnsucht überwiege: „Es finden immer mehr Privatpart­ys statt“, erzählt er.

 ?? AUER ??
AUER
 ?? IMAGO, KK (6) ?? Im ersten Lockdown trafen sich Ennstaler Jugendlich­e unerlaubt im Wald
IMAGO, KK (6) Im ersten Lockdown trafen sich Ennstaler Jugendlich­e unerlaubt im Wald

Newspapers in German

Newspapers from Austria