Der Patron vom Pogusch
Pionier, Visionär, Menschenfreund: Heinz Reitbauer, Steirereck-Gründer und Wirt der Wirte, begeht morgen seinen 80. Geburtstag.
Anruf bei Heinz Reitbauer, vor einer Woche. Auf die Frage, wo er am 24. April anzutreffen sein wird, sagt er nur knapp: „In Peru wahrscheinlich.“Sein Sohn Heinz zeigt sich amüsiert: „So, so, Peru. Sehr interessant.“Kurze Pause. „Na ja, ich denke, er wird in Turnau sein.“
Man darf also darauf wetten, dass Österreichs Paradewirt heute seinen 80. Geburtstag zu Hause begeht. Still und leise mit seiner Grete, ohne Getöse und Blasmusik. Wenn man ihm eine Freude machen will, gönne man ihm an diesem Tag seine Ruhe, ließ er im Vorfeld wissen. Selbst Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der Reitbauer ehren wollte, nahm den Wunsch zur Kenntnis. Man hat ein Treffen für den Herbst vereinbart. Heinz junior klärt auf: „Das hat nichts mit der Zahl zu tun. Geburtstage feiern will und mag er einfach nicht, sie bedeuten ihm nichts.“
Zugänglicher war Heinz Reitbauer dagegen immer, wenn es um seine Lebensleistung ging. Die vielen Preise und Auszeichnungen für sein Lebenswerk nahm er stets mit Stolz und Freude entgegen, da scheute er das Rampenlicht nicht. Sein Weg von der Kegelbahn in Turnau über das Steirereck in Wien und zurück auf den Pogusch gilt als einzigartige
Ausnahmekoch Heinz Reitbauer junior, der mit seiner Birgit das „Steirereck“in Wien zu einem der weltweit besten Gourmet-Restaurants entwickelt hat, versucht, seinen Vater zu erklären: „Alles, was mein Vater auch immer getan hat, machte er mit unbändigem Willen, Leidenschaft und Hingabe. Sein Blick war stets nach vorne gerichtet, er hat immer in Veränderung und Erneuerung gelebt.“Weil er den Beruf seit jeher als Hobby verstanden hat, hielt der Senior auch den klassischen Urlaub für ein Missverständnis. Die Reisen dienten der Fortbildung, gegessen wurde bei den Besten der Besten, und zwar dreimal täglich. Auch seine Köche stattete er vor Urlaubsantritt immer mit Sonderbudgets aus. „Gehts essen und schauts, was man lernen kann.“eine Heimkehr in die Steiermark vor 25 Jahren sehen viele als persönliche Krönung, es war so, als hätte der Pogusch auf ihn gewartet. Heinz junior: ,,Er hat es nie gesagt, aber ich kann mir vorstellen, dass er sich mit dem Nachhausekommen einen Traum erfüllt hat.“Als Patron prägte er die ländliche Filiale des Steirerecks vom ersten Tag an. Reitbauer gab der lukullischen Idylle die
SErfolgsgeschichte.
Seele, die Region blühte auf, Dutzende bäuerliche Betriebe liefern dem Wirtshaus TopProdukte zu. Außerdem brachte er das Kunststück zuwege, eine klassenlose Gesellschaft zu generieren: Ob Wanderer, Generaldirektor oder Holzknecht – am Pogusch steht sich niemand im Weg.
Längst ist der gelernte Fleischhauer für die Gastronomie das, was Jahrhundert-Koch Eckart Witzigmann für die Köche war. Ein Idol und Vorbild für Generationen. Unter ihm
gearbeitet zu haben, gilt bis heute als Referenz. Reitbauer verkörpert wie kein anderer den Begriff Gastfreundschaft, er ist ein Gastgeber im Sinne des Wortes, der noch „Grüß Gott“und „Auf Wiedersehen“sagt und „Bitte“und „Danke“. Reitbauer ist die Galionsfigur und Autorität der Szene, ein Förderer und Visionär, der sich auch gerne kritisch zu Wort meldet und schon einmal die Supermarktketten geißelt, wenn Hendln zum Spottpreis in den Regalen liegen.
Die Pandemie und die damit verbundene Sperre der Gastronomie dürfte der Wirt der Wirte als Zumutung empfinden. Aber Reitbauer wäre nicht Reitbauer, würde er nicht auch diese Krise als Chance sehen. Er wird die Zeit im Lockdown genützt haben und nun wohl vor frischen Ideen sprühen. Da wäre das Almhütten-Projekt, das er angestoßen hat, oder die neue große Ära der Sommerfrische, die er entwickeln will. Klingt irgendwie nicht nach Ruhestand.
Familiensache.
Drei Generationen Reitbauer: Birgit, Lorenz, Heinz junior, Margarethe, Alina,
Heinz senior