WOLFGANG BRANDSTETTER
hört man jemandem zu, statt dass man den Stab über ihn bricht. Ich habe versucht, ihn aufzumuntern.
Kopftuchverbot ging es mir um das Kindeswohl.
Was ist mit dem Vorwurf, Sie hätten eine Hausdurchsuchung an Ihren Mandanten Tojner verraten? Das war doch der Grund, weshalb Ihr Handy sichergestellt wurde.
Diesbezüglich bin ich sogar sehr froh, dass die Chats, soweit sie verfahrensrelevant sind, veröffentlicht worden sind, weil sie mich und Pilnacek massiv entlasten. Die Information, dass eine Hausdurchsuchung stattfindet, ist von einer Journalistin an meinen Mandanten herangetragen worden. Das habe ich umgehend der Behörde schriftlich mitgeteilt, weil das auf eine Verletzung des Amtsgeheimnisses hindeutet. Die Vorwürfe haben sich in Luft aufgelöst. Ich habe Verständnis dafür, dass meine Handydaten für das Verfahren sichergestellt wurden. geboren am 7. Oktober 1957 in Haag, ist Uni-Professor an der WU in Wien.
2013 wurde er Justizminister, 2017 war er für kurze Zeit Vizekanzler. 2018 wurde er Mitglied im Verfassungsgerichtshof, den er nun verlässt.
Sie wurden versiegelt und werden von einem Richter geprüft, der entscheidet, was verfahrensrelevant ist und was nicht. Diese nicht verfahrensrelevanten Chats, die jetzt veröffentlicht worden sind, dürften nie in den Akt aufgenommen werden.
Ich war schon als Justizminister der Meinung: Wenn aus welchen Gründen auch immer, berechtigt oder unberechtigt, eine Behörde in ein schiefes Licht gerät, muss man seine persönlichen Interessen hintanstellen und seinen Beitrag dazu leisten, dass der VfGH aus solchen Diskussionen herausgehalten wird.
Sollten Pilnacek, Blümel, Schmid nicht Ihrem Beispiel folgen, um die Institutionen aus der Schusslinie zu nehmen?
Ich kann nur für mich sagen, dass ich den Schritt gesetzt habe, weil durch mich der VfGH ins Gerede gekommen ist. Als VfGH-Mitglied hat man da eine besondere Verantwortung.
Läuft etwas schief in der heimischen Justiz?
Ich habe das Gefühl, dass der Grundrechtsschutz in Bezug auf die Privatsphäre durchlöchert wird. Wir haben das Briefgeheimnis seit 1867. Wenn ein Briefträger einen Brief öffnet, wird er sofort bestraft. Wenn die Behörde es als notwendig erachtet, auf private Daten zuzugreifen, muss das rechtskonform ablaufen. Mir ist eines wichtig: Ich habe nie die Justiz pauschal kritisiert. Sachliche und fachliche Kritik muss aber möglich sein.
Manche sprechen von einer politisch motivierten Justiz.
Das ist mir zu undifferenziert. Man kann fachlich und sachlich durchaus Kritik anbringen. Pauschal zu sagen, die Justiz ist politisch gesteuert, fällt nicht unter sachliche Kritik. Jemand hat geschrieben, Justizministerin Zadic´ wäre die Schutzmadonna der WKStA. Sie bemüht sich zu Recht, die Justiz aus der politischen Diskussion herauszuhalten. Das habe ich als Justizminister auch immer getan. Aus den Vorgängen der letzten Zeit muss man aber den Schluss ziehen, dass dem Schutz der Privatsphäre künftig mehr Beachtung zu schenken ist.
Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Ich hatte 2010 einen Lungeninfarkt und als Spätfolge eines Autounfalls Ende Februar wieder Lungenprobleme, die nichts mit Corona zu tun hatten. Ich war auf Reha, wo ich viele deutlich jüngere Menschen kennengelernt habe, denen es schlechter geht. Daher muss ich wirklich zufrieden sein. Meine Rehabilitation schreitet voran – auf allen Ebenen.