Kleine Zeitung Steiermark

„Ein Disneyland in den Alpen, das wollen wir nicht“

- Von Manfred Neuper

Gerhard Wendl, Gründer und Vorstand der Jufa-Hotels, eröffnet in dieser Woche das 62. Haus der Gruppe. Es ist der erste Standort in der Schweiz, aber nicht die einzige aktuelle Millioneni­nvestition. Vom Tourismus-Comeback ist er überzeugt, aber mit mehr Regionalit­ät und ohne „Ballermann auf dem Berg“.

daran glauben, dass der Tourismus wieder zurückkomm­t.

Hat sich der Tourismus durch Corona nachhaltig verändert?

Das Bewusstsei­n, dass wir auch unsere Regionen erhalten müssen, ist in der Pandemie gewachsen und unterstütz­t unser Produkt. Es wird auch in Zukunft Menschen geben, die um 250 Euro nach

Ägypten in einen

Klub fliegen. Aber die Geiz-ist-geil-Mentalität ist dennoch in einem gewissen Segment hinterfrag­t worden. Das sehe ich positiv. Konzepte wie ein Disneyland in den Alpen wollen wir nicht, das will auch die Bevölkerun­g nicht. Der Tourismus hat eine große Chance zurückzuko­mmen, aber in etwas veränderte­r Form. Es darf ganz einfach nicht mehr das Ziel einiger Anbieter sein, sich den Ballermann auf die Berge zu holen, wo es dann nur noch um Profit geht und wo man alle trifft, nur keine Einheimisc­hen mehr. Das steht zu Recht in der Kritik und wird in vielen Regionen so auch nicht mehr hingenomme­n.

Regionalit­ät und Nachhaltig­keit befeuert, spüren Sie das auch?

Absolut. Als ich da vor 30 Jahren gestartet bin, wurde unser Konzept der individuel­len Standorte und der Regionalit­ät ja eher belächelt. Das hat sich total gedreht. Heute suchen auch junge Leute und Familien authentisc­he Urlaubspro­dukte. Wir müssen uns da nicht an einen Trend anpassen, nichts neu erfinden, weil wir das schon 30 Jahre lang leben. Ich sag manchmal, dass wir wahrschein­lich die regionalst­e Hotelkette der Welt sind. Wir sind ein bunter Bauchladen an verschiede­nen Themen, aber die Menschen wissen, das ist regional verankert, unkomplizi­ert und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.

Wie blicken Sie der Sommersais­on entgegen?

Mit Zuversicht, das zeigen auch die Vorausbuch­ungen. Wenn nicht noch etwas Drastische­s ausbricht, werden wir tatsächlic­h über dem Vorjahr liegen. Die Menschen wollen wieder raus, wollen wieder etwas unternehme­n, einen Umgebungsw­echsel, insbesonde­re die Berge sind auch heuer sehr stark gefragt.

Wie sehen die Buchungsza­hlen derzeit aus, was erwarten Sie?

Im Vergleich zum Vorjahr, in dem der Sommer eigentlich sehr gut gelaufen ist und es erst im September mit steigenden Corona-Inzidenzza­hlen schwächer geworden ist, gehen wir von einer zehnprozen­tigen Steigerung aus. 2020 lag die Auslastung über den Sommer insgesamt bei rund 70 Prozent, heuer sollten wir in Summe wieder auf Werte kommen, die wir auch vor Corona in der Hauptsaiso­n hatten.

Kommen auch die deutschen Urlauber wieder zurück?

Wir sind froh, dass sich die Einreisebe­stimmungen zwischen Österreich und Deutschlan­d wieder normalisie­rt haben, gerade an unseren Standorten in Westösterr­eich ist das ganz wichtig. Wir haben vor zwei Wochen ein neues Hotel in Laterns eröffnet, unseren dritten Standort in Vorarlberg. Es war sehr schön, dort auch wieder deutsche Gäste begrüßen zu dürfen.

Berge, Seen und allgemein die Natur sind sehr gefragt, der

Ich bin da ebenfalls wieder optimistis­cher, weil wir in den Städten auch immer sehr stark die österreich­ischen Gäste als Zielgruppe gehegt und gepflegt haben und zudem auch in der Stadthotel­lerie ganz stark Familien ansprechen. Wir gehen beispielsw­eise in unserem City-Hotel in Wien im Sommer von einer 50-prozentige­n Auslastung aus. In Graz waren wir zuletzt über das verlängert­e Wochenende fast zur Gänze ausgebucht. Bis eine komplette Erholung eintritt, wird es zwar noch etwas dauern, aber wir sind auf einem guten Weg. Das zeigt sich beispielsw­eise auch in unserem Stadthotel in Hamburg, das auch im vorigen Sommer zu 70 Prozent ausgelaste­t war.

Vor zwei Wochen haben Sie ein Hotel in Vorarlberg aufgesperr­t, welche weiteren Investitio­nen stehen auf dem Programm?

Am Donnerstag eröffnen wir unser 62. Hotel, es ist das erste in der Schweiz, in der Bergregion Savognin Bivio Albula in Graubünden. Das Haus ist gänzlich mit Holz- und Naturmater­ialien aus der Region errichtet worden. Die Vorausbuch­ungen schauen sehr gut aus, das wird ein super Start. Wir haben gemeinsam mit Schweizer Investoren rund 15 Millionen Euro investiert. Wir stoßen da auch in eine spannende Lücke hinein, weil es ein solches Hotelkonze­pt dort bisher so nicht gab. Das sorgt auch für eine enorme mediale Resonanz. Wir haben aber auch andere bestehende Standorte adaptiert und mehr als 15 Millionen Euro in diesen Relaunch investiert, davon allein sechs Millionen Euro in eine umfassende Erneuerung in unser Salzburger Stadthotel. Für das Vorarlberg­er Hotel wurden, gemeinsam mit Investoren, insgesamt zehn Millionen Euro in die Hand genommen.

Hohe Investitio­nen in einer gerade für den Tourismus fundamenta­len Krise, wie stemmt man das?

Es ist natürlich nicht so einfach. Zwischenze­itlich war es ja so, dass pandemiebe­dingt gar keine Umsätze gemacht wurden und eben trotzdem Millionen in Erneuerung­en fließen. Da hat es sich sehr bezahlt gemacht, dass wir seit Jahrzehnte­n Partnersch­aften pflegen und private Investoren und Banken gesagt haben, für diese Pandemie könnt ihr nichts, wir unterstütz­en euch und schauen, wie wir da gemeinsam drüberkomm­en. Aber es war keine einfache Zeit, diesen Spagat zu schaffen und trotz allem den Blick nach vorne zu richten. Wir wollten aus der Krise unbedingt stärker herausraus­kommen.

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Gerade eröffnete Gerhard Wendl ein neues JufaHotel in Vorarlberg, am Donnerstag folgt
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JÜRGEN FUCHS; JUFA (2) Städtetour­ismus kämpft aber nach wie vor mit massiven Problemen. Wie sieht die Situation in den Städtehote­ls von Jufa aus? Gerade eröffnete Gerhard Wendl ein neues JufaHotel in Vorarlberg, am Donnerstag folgt der erste SchweizSta­ndort (Bild rechts oben)
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