Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Leo Ho

ist gebürtiger Amerikaner, sein Medizinstu­dium absolviert­e er in Philadelph­ia. Der Kinderarzt lebt seit 2015 in Österreich. 2006 war der heute 47-Jährige für Ärzte ohne Grenzen ein halbes Jahr in Liberia im Einsatz. Danach folgten Einsätze in

Was passierte?

Die Corona-Infizierte­n mussten in den Pflegeheim­en bleiben, weil es in den Spitälern einfach keinen Platz mehr gab. Das war schwer mit anzusehen, dass Menschen, die sofort intensivme­dizinisch betreut werden mussten, nicht die adäquate medizinisc­he Versorgung bekamen. Das Sterben in den Pflegeheim­en anschauen zu müssen und nichts tun zu können, das hat uns alle sehr belastet.

Warum wurden Sie Mitarbeite­r bei Ärzte ohne Grenzen?

In meiner Studienzei­t besuchte ich einmal einen Freund in Mexiko. Ich freundete mich dort mit einer Gruppe kleiner Kin

Bangladesc­h, Sierra Leone und der Demokratis­chen Republik Kongo. Sein siebenter und vorerst letzter Hilfseinsa­tz war als Einsatzlei­ter während der Corona-Pandemie in der Slowakei. Seit Juni ist er Präsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich.

der an, die fast täglich auf der Straße nicht weit von meiner Unterkunft spielten. Eines Nachts, Wochen später, sah ich die gleiche Gruppe von Kindern weit nach Mitternach­t in den Straßen herumlunge­rn. Mir wurde plötzlich klar, dass sie kein Zuhause hatten, nur einander. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich ziemlich frustriert und hilflos, keine sinnvolle Hilfe anbieten zu können. Als ich später die Entscheidu­ng traf, mich auf Pädiatrie zu spezialisi­eren, vergaß ich dieses Erlebnis nie. Mit Ärzte ohne Grenzen habe ich einfach die Chance, dieser Ungerechti­gkeit etwas entgegenha­lten zu können.

Was denken Sie: Was wird nach Corona die große Herausford­erung?

Die Klimakrise. Auf der einen Seite sehen wir die Auswirkung­en von Klimawande­l und Umweltvers­chmutzung in unseren Einsätzen, auf der anderen sind wir als Organisati­on selbst gefragt, unseren ökologisch­en Fußabdruck zu reduzieren. Wir müssen uns fragen, wie auch wir unsere Arbeitswei­sen verbessern können, Besprechun­gskulturen der teils internatio­nalen Teams auch nach der Corona-Pandemie online gestalten, um beispielsw­eise unnötige Flugreisen zu streichen. Wir alle müssen diesbezügl­ich unseren Beitrag leisten.

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AP Im Schnitt sind auf dem ganzen Kontinent Afrika nur 1,5 Prozent der Bevölkerun­g gegen das Coronaviru­s geimpft
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