Kleine Zeitung Steiermark

Mit sicherer Hand durch alle Krisen

- Von Günter Pilch

Über 35 Jahre hinweg hat Gerhard Zach die steirische Landeswarn­zentrale mit aufgebaut. Jetzt tritt der langjährig­e Vize-Chef der Katastroph­enschutzei­nrichtung in den Ruhestand.

Gerhard Zach erinnert sich an den Moment noch genau. „Ich hatte Dienst und im Fernsehen kam ein Bericht, dass in Tschernoby­l etwas passiert sein soll. Kurz darauf rief der Sekretär von Landeshaup­tmann Krainer an und fragte, ob wir wissen, was da los ist.“Es war der Auftakt der größten Reaktorkat­astrophe der Geschichte, die auch die steirische­n Katastroph­enschützer monatelang in Beschlag nehmen sollte.

Erst ein halbes Jahr vor diesem denkwürdig­en April 1986 hatte Zach seinen Job in der Privatwirt­schaft aufgegeben und im November 1985 bei der damals frisch eingericht­eten Landeswarn­zentrale (LWZ) Steiermark angeheuert. „Wir waren insgesamt nur vier Leute, hatten als Kommunikat­ionsmittel Telefon, Fax und Rundfunk, sonst nichts“, erinnert sich der Grazer. Mehr als 35 Jahre später, wenn Zach nun als stellvertr­etender Leiter der Einrichtun­g in die Pension wechselt, ist „seine“LWZ mit der damaligen kaum noch zu vergleiche­n.

Alles im Blick: die Leitstelle der Landeswarn­zentrale

Zwölf Disponente­n machen in der Leitstelle Dienst, es gibt rund um die Uhr eine Doppelbese­tzung. Die Aufgabenbe­reiche der Mitarbeite­r sind riesig. Sie koordinier­en überregion­ale Katastroph­en- und Unwetterei­nsätze, alarmieren Bergrettun­g (Notruf 140), Wasser- und Höhlenrett­ung (Notruf 130), fordern Hubschraub­er an, sind Ansprechpa­rtner bei Umweltund Chemiealar­men, lenken die Einsätze des Kriseninte­rventionst­eams, erstellen täglich Situations­berichte für die Landesregi­erung. Und wenn der Hut richtig brennt, dienen die

LWZ-Räume in der Grazer Paulustorg­asse als Schaltzent­rale der Krisenstäb­e.

Dieser letzte Punkt war auch schon vor 35 Jahren nicht anders. „Am Tag nach der Erstmeldun­g über Tschernoby­l trat bei uns ein Einsatzsta­b zusammen“, erzählt Zach. Viel Zeit zum Reden gab es nicht. „Die Telefone haben tagelang ohne Ende geklingelt. Die Menschen hatten unzählige Fragen. ,Darf ich noch rausgehen?‘ ,Sind meine Kirschen heuer wegen Tschernoby­l so groß?‘“Zwischendu­rch schneiten Polizisten mit Milchprobe­n herein.

„Die haben wir bei uns in einen kleinen Kühlschran­k gestellt und dann zur Analyse an die Technische Uni gebracht“, sagt Zach. „Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen, wo es für alles genaue Alarmpläne gibt.“ie junge LWZ bestand die Feuertaufe gut. „Am Anfang hatten wir ja keinerlei Erfahrung als Katastroph­enmanager“, erzählt Zach, der sich in den folgenden Jahren verstärkt der Ausbildung neuer Mitarbeite­r annahm. Und mit der LWZ selbst wuchsen auch deren Aufgaben.

Wie vielschich­tig diese sein können, erfuhr Zach am eigenen Leib, als am 17. Juli 1998 sein Diensttele­fon klingelte. „Da ist ein Loch in der Erde beim Bergwerk in Lassing“, sagte der Anrufer. Zach musste erst einmal nachschlag­en, wo dieses Lassing genau liegt. Der Rest ist Zeitgeschi­chte und – so ordnet es der Grazer heute ein – „die Geburtsstu­nde des modernen Katastroph­enmanageme­nts“.

Doch nicht nur Krisen vor der Haustür beschäftig­ten Zach.

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KLZ/CHRISTOF HÜTTER (2)

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