Kleine Zeitung Steiermark

„Lukaschenk­o hat verloren“

- Von Werner Krause

Mit dem Roman „Der ehemalige Sohn“schuf Sasha Filipenko ein so brisantes wie zynisches Schlüsselw­erk über die Lage in seiner Heimat Belarus (Weißrussla­nd).

destruktiv. Das Land ist ruiniert, Studenten, Anwälte, Sportler wandern aus, wir werden Jahrzehnte brauchen, bis Belarus nach dieser humanitäre­n Katastroph­e wiederherg­estellt ist. Hoffnung säen auch die Belarussen, die, obwohl sie gerade noch Fremde waren, angesichts des Drachens zu richtigen Kameraden wurden.

Putin nichts entgegense­tzen und wartet einfach, bis er stirbt. Aber er hat gute Ärzte.

Da spricht wieder der Zyniker. Wie müssten Europas Politiker tatsächlic­h reagieren?

Erstens – ein Signal an Russland. Zweitens – richtige Sanktionen, und nicht etwas, was getan wird, um die Europäer zu beruhigen. Wenn zum Beispiel Lukaschenk­o verboten wird, nach Paris zu fliegen, ist das lächerlich. Er würde da so oder so nicht hinfliegen, das ist, als würde man mir verbieten, auf den Mars zu fliegen. Keine Verträge und Abmachunge­n mit dem Regime. Jeder zweite Belarusse nutzt den österreich­ischen Mobilfunka­nbieter A1. Während der Proteste hat die Firma A1 jedes Wochenende das Internet im Land abgeschalt­et. Ich war am Tag der Wahl nicht in Belarus, A1 hat das Netz komplett ausgeschal­tet, und meine Freunde haben mich in Russland angerufen, um das Wahlergebn­is zu erfahren! A1 behauptet immer, das Internet abzuschalt­en, weil das das belarussis­che Innenminis­terium verlangt. Können Sie sich vorstellen, dass in Innsbruck, Wien oder Salzburg Demonstrat­ionen stattfinde­n, und das österreich­ische Innenminis­terium befiehlt, im ganzen Land das Internet abzudrehen, und A1 befolgt diese Anweisung?! Da würden doch die Aktien am nächsten Tag auf null sinken. Das ist nur ein einfaches Beispiel. Das Unternehme­n A1 hält Freiheit für ein Privileg der Österreich­er und Belarus für ein Dritte-Welt-Land, und Millionen von Belarussen sind für sie

Leute beim Militär und bei der Polizei und Propagandi­sten, die Putin kauft. Das ganze Land befindet sich in Geiselhaft einer Terrororga­nisation!

Wann waren Sie zuletzt in Ihrer Heimat? Glauben Sie an eine baldige Rückkehr, ohne im Gefängnis zu landen?

Zum letzten Mal war ich im September in Belarus. Nein, ich kann jetzt nicht zurück. Meinem Vater hat man direkt gesagt, dass auf mich das Gefängnis wartet, obwohl ich einfach nur Bücher und Artikel schreibe. In Minsk wurde mein Theaterstü­ck zum Buch „Der ehemalige Sohn“verboten. Nicht nur die Aufführung wurde untersagt, sondern sogar die Proben. Der Hauptdarst­eller und der Regisseur haben das Land verlassen. Und trotzdem komme ich nach Hause, jeden Abend, wenn ich vor dem Einschlafe­n die Augen schließe.

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