Kleine Zeitung Steiermark

Der mögliche Tanz um den ORF-Thron

- Von Daniel Hadler und Christian Ude

Wer könnte die Wiederwahl von Alexander Wrabetz als ORF-Boss gefährden? Noch hat sich kein Kandidat offiziell in Stellung gebracht.

ANTWORT: Lisa Totzauer, unter Wrabetz 2018 von der Infochefin zur Channelman­agerin von ORF 1 aufgerückt, gilt als Wunsch der (starken) niederöste­rreichisch­en ÖVP. Auf Anfrage, ob sie sich bewerben wird, schrieb die 51-Jährige: „Von mir gibt es derzeit kein Statement.“Absagen sehen anders aus.

Eine mögliche Kandidatur von Thomas Prantner (56), Technik-Vizedirekt­or und Herr über die TVthek, wäre nur ein Machtpoker mit den FPÖ-Stimmen, um sich hinter den Kulissen seine künftige Position unter der neuen Generaldir­ektion auszudeale­n.

Werwäreaus­demORF aber der aussichtsr­eichste Kandidat mit Kanzler-Nähe?

ANTWORT: Das bleibt Roland Weißmann, derzeit ORF-Vizefinanz­direktor und Projektlei­ter des ORF-Players. Dem Vernehmen nach nahm der 53-jährige Linzer immer wieder an Treffen des bürgerlich­en Freundeskr­eises teil, so auch letzte Woche. Und er soll auf dem südfranzös­ischen Schloss von

Thomas Zach (Leiter des ÖVP-„Freundeskr­eises“) referiert haben. Er wurde nach seinen Jahren im wichtigen Landesstud­io NÖ der Büroleiter von Richard Grasl auf dem Küniglberg, der bei der Wahl 2016 zum Wrabetz-Gegner wurde. Weißmann ist ohnehin schon mächtig, verwaltet er als Chef Producer doch mit rund 400 Millionen Euro pro

Jahr das Programmbu­dget im ORF. Für die Kanzlerpar­tei wäre es eine – sagen wir es so – „verlässlic­he Lösung“.

Wer könnte von außerhalb des ORF noch in den Ring steigen?

ANTWORT: Da wäre der Niederöste­rreicher Matthias Settele (54): Er führt seit 2013 TV MarUnterne­hmensberat­er

kiza, den größten TV-Sender in der Slowakei, den er sanieren konnte. Er war in den 1990erJahr­en der Büroleiter von Gerhard Zeiler als ORF-General und folgte diesem damals zu RTL. Man hört nun aber auch den Namen Christine Strobl, erst seit Mai Programmdi­rektorin der ARD. Die 49-jährige Tochter des CDU-Politikers Wolfgang Schäuble leitete davor jahrelang die ARD-Produktion­stochter Degeto Film. Strobl wäre eine Überraschu­ng. In der Ausschreib­ung des Generaldir­ektorenpos­tens sind freilich Bewerbunge­n von Frauen „besonders erwünscht“.

Warum hat ein Stiftungsr­at gerade sein Amt zurückgele­gt?

ANTWORT: Der Stiftungsr­at für das Land Salzburg, Matthias Limbeck, trat nach 13 Jahren zurück, da er sich als Salzburger ORF-Landesdire­ktor bewerben will. Limbeck war federführe­nd beim im Juni vorgelegte­n Forderungs­paket der neun Landesstif­tungsräte an den nächsten ORF-General – mit mehr Budget und Autonomie. Der Karrieresp­rung könnte nicht klappen, wenn Limbeck am 10. August zum Zeitpunkt der GD-Wahl noch im Gremium säße.

Wer sind die 35 Stiftungsr­äte, die über die künftige ORF-Führung abstimmen?

ANTWORT: Was die meisten Mitglieder des Gremiums, das früher Kuratorium hieß, gemeinsam haben, ist eine geringe operative Erfahrung im Mediengesc­häft. Anita Zielina, die das Neos-Mandat eines von der Politisier­ung entnervten Hans Peter Haselstein­er („Ich hasse diese Scheinheil­igkeit, wenn alle so tun, als würde der Stiftungsr­at entscheide­n“) übernahm, zählt zu den wenigen, die über zeitgemäße Facherfahr­ung im Medienbere­ich verfügen.

Warum bleiben die Gegenkandi­daten noch in Deckung?

ANTWORT: Man hat von der letzten Wahl gelernt. Damals kündigte der von der ÖVP unterstütz­te Richard Grasl seine Bewerbung zweieinhal­b Monate vor der Abstimmung an, was Wrabetz die Chance gab, sich auf seinen Kontrahent­en strategisc­h einzustell­en. Damals setzte sich der Titelverte­idiger mit 18 gegen 15 Stimmen durch. Diesmal möchte die ÖVP einen langen Wahlkampf verhindern.

Wie werden in anderen Ländern Senderchef­s gefunden?

ANTWORT: Ein Beispiel: Am Freitag wurde Norbert Himmler vom ZDF-Fernsehrat (ähnlich dem Stiftungsr­at) zum neuen ZDF-Intendant gewählt. Unterschie­de zu Österreich: Die Wahl ist geheim, der Rat ist diverser und durch seine Größe (60 Personen) schwerer zu kontrollie­ren. Parteipoli­tische Freundeskr­eise gibt es da wie dort.

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APA, ORF, ARD Christine Strobl, Alexander Wrabetz, Thomas Prantner, Lisa Totzauer, Matthias Settele, der/die große Unbekannte, Roland Weißmann (im Uhrzeigers­inn)

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