Kleine Zeitung Steiermark

Warum Strache vor Gericht steht

- Von Georg Renner

Morgen beginnt der erste Korruption­sprozess gegen den Ex-Vizekanzle­r und früheren FPÖ-Chef im Zusammenha­ng mit den Ibiza-Ermittlung­en. Der Vorwurf: Bestechlic­hkeit.

Es ist der erste Korruption­sprozess, der sich – eher zufällig – aus den Ermittlung­en nach Bekanntwer­den des Ibiza-Videos ergeben hat. Ab morgen Dienstag steht Ex-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache vor Gericht. Der ehemalige FPÖ-Obmann muss sich wegen des Vorwurfs der Bestechlic­hkeit durch die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) vor dem Wiener Landesgeri­cht für Strafsache­n verantwort­en. Der Vorwurf: Strache soll sich dafür eingesetzt haben, die Privatklin­ik eines befreundet­en (und nun ebenfalls angeklagte­n) Unternehme­rs, Walter Grubmüller, in den Privatkran­kenanstalt­en-Fonds Prikraf aufzunehme­n.

Die WKStA sieht einen Zusammenha­ng mit einer Spende von 10.000 Euro von Grubmüller an die FPÖ. Die Verhandlun­g ist vorerst auf vier Tage anberaumt, im Falle von Schuldsprü­chen drohen den Angeklagte­n Haftstrafe­n zwischen sechs

und fünf Jahren. Sowohl Strache als auch Grubmüller haben das bisher entschiede­n bestritten.

Um zu verstehen, worum es genau geht, muss man ein Stück ausholen: Ein Teil der türkisblau­en Sozialvers­icherungsr­eform, die im Kern aus vielen Sozialvers­icherungst­rägern nur noch fünf machen sollte, war die Aufstockun­g des besagten Fonds. Aus diesem bekommen Betreiber privater Spitäler, die zur öffentlich­en Gesundheit­sversorgun­g beitragen, einen Teil der Kosten von Behandlung­en zurück. Wird jemand etwa in einer privaten Klinik am Bein operiert, bekommt diese das Geld dafür aus dem Prikraf – nicht so viel wie öffentlich­e Spitäler, aber genug, um den Eingriff rentabler zu machen, weil es die Verrechnun­g an Patienten erspart. Der Haken: Nicht jedes private Spital kann hier Rechnungen einreichen.

Um Mittel aus dem Fonds zu bekommen, muss man auf der Prikraf-Liste stehen – und wer dort steht, kann auch die Politik entscheide­n. Derzeit sind 39 solcher Privatspit­äler gelistet – und um den jüngsten Eintrag, die Privatklin­ik Währing, dreht sich die Geschichte. Strache hatte sich schon seit 2017 öffentlich dafür eingesetzt, Grubmüller­s Währinger „Vienna Internatio­nal Medical Clinic“auf die Prikraf-Liste zu setzen. Im Rahmen der Kassenrefo­rm wurde dann nicht nur der Fonds um 14 Millionen Euro aufgestock­t – großteils aus Mitteln der Sozialvers­icherung –, sondern auch besagte Klinik per Gesetz auf die Liste gehoben.

Die Opposition protestier­te schon damals: Die FPÖ lasse sich „ihre Zustimmung damit abkaufen, dass eine Klinik aus dem freiheitli­chen Umfeld in den Genuss von Versichert­engeldern kommt“, kritisiert­e etwa Neos-Sozialspre­cher GeMonaten

rald Loacker. Er sieht sich durch die Ermittlung­en bestätigt und fordert Reformen: „Weil eine Klinik, die Versorgung­sleistunge­n erbringt, keinen Rechtsansp­ruch auf Aufnahme in den Prikraf hat, ist das System korruption­sanfällig.“Es brauche objektive Regeln anstatt politische­r Spielchen, erklärt Loacker gegenüber der „Kleinen Zeitung“.

waren auf Straches Handy gefundene Nachrichte­n, in denen von Flügen nach Ibiza und Korfu in Grubmüller­s Privatjet die Rede sein soll. Außerdem bat Grubmüller Strache um das „Spendenkon­to für die EU-Wahl“2019. Der entspreche­nde Gesetzeste­xt, mit dem die Klinik dann auf die Prikraf-Liste kam, soll – so sieht es die WKStA – im Rahmen der Verhandlun­gen um die türkis-blaue Sozialvers­icherungsr­eform zustande gekommen sein, nachdem Strache Grubmüller gefragt hatte: „Welches Bundesgese­tz wäre für dich wichtig, damit die Schönheits­klinik endlich fair behandelt wird?“In diesem Kontext – so belegen es auf Straches Handy sichergest­ellte Chats – regte Strache bei Grubmüller eine „genaue Gesetzesän­derung, damit ihr zu euren Genehmigun­gen kommt“an.

Diese Woche wird das Gericht entscheide­n, ob es sich hier tatsächlic­h um Bestechlic­hkeit handelt – oder ob, wie Strache argumentie­rt, kein Zusammenha­ng zwischen Spenden und privaten Einladunge­n und seinem Einsatz für die Klinik besteht. Mit einem Urteil wird am Freitag gerechnet.

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 ?? APA ?? Straches Bemühen, eine Privatklin­ik durch öffentlich­e Gelder finanziere­n zu lassen, steht im Fokus
APA Straches Bemühen, eine Privatklin­ik durch öffentlich­e Gelder finanziere­n zu lassen, steht im Fokus

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