Kleine Zeitung Steiermark

Schwere Unfälle und abgehobene Forderunge­n

- Von Matthias Reif

Die Pandemie befeuert den Paragleite­rboom. Schwere Unfälle sind eine der Folgen. Manch Geretteter erhebt jedoch dreiste Forderunge­n – oft wegen der Beschädigu­ng seines Gleitschir­ms.

Unfälle häufen sich zuletzt: Erst am Samstag stürzte ein 36-jähriger Deutscher in Mittersill im Pinzgau aus 30 Meter Höhe ab. Er hatte die Kontrolle über seinen Gleitschir­m verloren, überlebte zu seinem Glück mit Verletzung­en. Ein 54-Jähriger war zuvor nach einem Unfall mit einem Gleitschir­m im Osttiroler Heinfels verstorben, weil er beim Landeanflu­g in eine Mauer gekracht war. Auch ein 38-jähriger Gleitschir­mpilot hatte sich schwer verletzt, als er nach dem Start wieder gegen den Hang prallte.

„Meist sind diese Unfälle auf menschlich­es Versagen zurückzufü­hren“, erklärt der Kärntner Gleitschir­m-Experte Ewald Kaltenhofe­r vom Flugsportv­erband Aeroclub. „Die Leute überschätz­en sich, oder sie unterschät­zen die Verhältnis­se.“Dass es in jüngerer Vergangenh­eit vergleichs­weise häufig zu Unfällen mit Gleitschir­men kommt, liege an den derzeit guten Bedingunge­n und dem Gleitschir­mboom. „Wir hatten im Vorjahr bei den Lizenzen ein Plus von 30 Prozent.“Viele Outdoorakt­ivitäten verzeichne­ten in Pandemieze­iten regen Zuwachs, das war beim Paragleite­n nicht anders. Seit Aufzeichnu­ngsbeginn des Aeroclubs 1986 wurden etwa 35.000 Flugschein­e ausgestell­t.

Insgesamt betreiben rund 8000 Menschen in Österreich dieses Hobby aktiv. 1300 neue Gleitschir­mpiloten kamen alleine im Vorjahr dazu. Hinzu kommt, dass österreich­ische Hotspots auch beliebte Reiseziele für ausländisc­he Piloten sind. Europaweit gibt es rund 110.000 aktive Paragleite­r. Man kann

von einem Boom sprechen, das sagt auch Oberst Hans Ebner, Leiter der Alpinpoliz­ei im Innenminis­terium. Dass die Zahl der Unfälle im Schnitt zugenommen hätte, kann er aber nicht bestätigen. Seit dem Jahr 2017, wo es zumindest 110 Verletzte bei Paragleite­runfällen gab, ging die Zahl zurück. Im Vorjahr waren es 56. Allerdings kam es häufiger zu tödlichen

Unfällen. Seit 2018 kamen drei Personen ums Leben, so viele wie heuer bereits.

Auch die Windsituat­ion hat sich in den vergangene­n Jahren verändert. Unberechen­barer und stärker sei dieser geworden. „Die Bedingunge­n haben sich stellenwei­se verschärft“, sagt Andreas Eder von der Tiroler Bergrettun­g, der auch selbst einen Schirm besitzt.

sich die Bergretter im Zusammenha­ng mit den Paragleite­rn dieser Tage über etwas anderes: Es komme vermehrt vor, dass Gerettete Schadeners­atz verlangen, wenn ihr Schirm bei der Rettung beschädigt wird. Gerade wenn sich ein Schirm im Baum verheddert hat, bekommt man den kaum heil herunter. Hermann Spiegl, Landesleit­er der Tiroler Bergrettun­g, bestätigt: „Wir werden bei Einsätzen immer wieder belogen oder beschimpft.“

Dass mit Klagen gedroht werde, sei besonders dreist. In der Ortsstelle Kössen liegt mittlerwei­le ein Formular auf, das Gerettete unterzeich­nen müssen – damit die Retter später keine Post vom Anwalt bekommen.

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