Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund
US-Regisseur Spike Lee (64) leitet ab heute die Jury von Cannes.
Am Filmpalast von Cannes hängt schon das traditionelle Festivalplakat in Übergröße. Darauf sind die Palmen der Croisette zu sehen – und Spike Lees Konterfei. Der US-Regisseur ist Präsident der Jury beim heute anlaufenden Filmfestival: sein zweiter Anlauf nach Absage des Festivals 2020. Heuer sind Maske, Abstand, Impfnachweis oder Negativtest Pflicht; ansonsten soll es ein halbwegs normales Festival werden: mit echten Filmvorführungen, Eröffnungsgala und glamouröser Preisverleihung am 17. Juli. Auch die 24 Beiträge im Wettbewerb versprechen Normalbetrieb – mit Mia Hansen-Løve, Ryûsuke Hamaguchi, Apichatpong Weerasethakul, Kirill Serebrennikow, Wes Anderson, Nanni Moretti, François Ozon, Asghar Farhadi versammeln sich Großkaliber des Weltkinos zum Rennen um die Goldene Palme. Schwachpunkt: Unter den auserwählten 24 sind nur vier Regisseurinnen. Dafür ist Lees neunköpfige Jury mit fünf Frauen besetzt – eine davon ist die Wiener Filmemacherin Jessica Hausner.
Mit Lee, der seit „She’s Gotta Have It“und „Do the Right Thing“als einer der großen Innovatoren und Gesellschaftskritiker des US-Kinos gilt, ist jedenfalls für einen aufregenden Wettbewerb gesorgt: Nicht nur filmisch bezieht er zu Rassismus und Diskriminierung Stellung. Geprägt von der Bürgerrechtsbewegung, sieht Lee sich als Künstler zur politischen Teilhabe verpflichtet: Von Trump bis zu Waffen- und Armutspolitik nahm er sich zuletzt kein Blatt vor den Mund, aktuell ist er einer der prominentesten Fürsprecher der „Black Lives Matter“Bewegung. Die filmische Arbeit kommt daneben nicht zu kurz. Erst unlängst lief seine Doku „David Byrne’s American Utopia“in unseren Kinos, sein jüngster Spielfilm „Da 5 Bloods“streamt auf Netflix. Nächste Projekte in Lees fast 100 Filme umfassenden OEuvre: ein Musical (!) über den Ursprung des Potenzmittels Viagra. Und unter dem Arbeitstitel „Prince of Cats“will er eine Hip-HopVersion von Shakespeares „Romeo und Julia“drehen.