Wir werden nicht verschont
Flutkatastrophe in Deutschland, Tornado in Tschechien: Der Klimawandel rückt uns immer näher. Es gibt keine Alternative zu einer Kehrtwende – auch, wenn sie stellenweise wehtut.
Es ist, als würde die Klimakatastrophe uns in immer kürzeren Abständen Grußkarten schicken: Erschütternde Bilder bekommen wir aus Deutschland zu sehen – von heute auf morgen brechen Häuser, Hänge, Dörfer weg; und mit ihnen ganze Existenzen. Noch lässt sich die Zahl der Todesopfer nicht endgültig abschätzen; die Sachschäden gehen in die Millionen. Mehr als 20 Unwettertote hat Belgien zu beklagen.
Es ist nicht einmal einen Monat her, dass wir Ähnliches aus Tschechien zu sehen bekamen, mit anderer Ursache: Dort hatte ein Tornado ganze Landstriche niedergemäht. Und wenig später durften wir vom Phänomen der „Hitzekuppel“erfahren – Temperaturen von fast 50 Grad, die in Kanada und Nordamerika für Hitzetote, Brände und Verlust von Lebensraum sorgten.
Nein, der Klimawandel ist nicht etwas, das weit weg ist, in Regionen, von denen wir ohnehin selten etwas hören. Auch wir spüren ihn in Form von Hitze, Dürre, Überflutungen. Von einer Intensität der Wetterextreme, wie sie derzeit die Deutschen und erst kürzlich die Tschechen erlebten, sind wir bisher verschont geblieben. Man darf gewiss sein: Das war reines Glück. Auch wir werden Wetterextreme erleben, wie wir sie bisher nicht kannten.
Bis jetzt sind wir darauf nur mäßig vorbereitet – praktisch, aber auch im Kopf. Nach Jahrzehnten der Verdrängung beginnt die Politik jetzt, die Weichen für Strukturänderungen zu stellen, die mit der Dramatik der Klimaveränderungen Schritt halten sollen. Das EUKlimapaket will fossile Kraftstoffe verbannen und den Umstieg auf emissionsfreie Mobilität und Produktion einleiten. Teile der Wirtschaft und Industrie sind in vielen Bereichen schon weiter; der Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren kommt offenbar rascher als gedacht.
Die Kritik an den Klimamaßnahmen lässt nicht auf sich warten: Die einen kritisieren das Klimapaket Brüssels als „größenwahnsinnig und ungerecht“; die anderen sind fassungslos und empört, dass die österreichische Umweltministerin Autobahnprojekte noch einmal prüfen lässt. Nicht jede Maßnahme, die beschlossen wird, wird der Weisheit letzter Schluss sein. Wir werden manches erproben und wieder verwerfen. Ja, es wird stellenweise Einschnitte bei unserem Komfort geben, und wir müssen aufpassen, die Lasten fair zu verteilen. Und der Umstieg auf eine saubere Klimapolitik in Europa ist nur dann gelungen, wenn wir es schaffen, auch den Rest der Welt davon zu überzeugen. Sonst wandert der schmutzige Teil der Wirtschaft einfach in andere Länder ab. ennoch sei eines deutlich gesagt: Kosten, menschliche und ökonomische, werden auch die Naturkatastrophen verursachen, das erleben unsere Nachbarn gerade auf traurige Weise. Nein, es ist nicht die Zeit, sich über die Kehrtwende, die wir einschlagen müssen, zu empören. Die ist schon lange vorbei. Es ist die Zeit, sachlich zu diskutieren, was funktioniert und was nicht – und zu handeln.
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