Zur Person
mir gegenüber haben. Die Hoffnung ist, dass das auf Gegenseitigkeit beruht.
Unterscheidet Sie das von anderen Schauspielern?
Da stolpere ich jedes Mal. Ich habe in München gerade mit einem sehr prominenten Kollegen gesprochen. Er erzählte, er habe gerade einen Drehtag gehabt und dabei „wieder gut gelogen.“Ich würde meinen Beruf genau gegenteilig beschreiben. Ich versuche, zu mir selbst aufrichtig zu sein; das Lügen und Verstellen führt einen immer von einem selbst weg. Ich verstehe auch gar nicht, warum das Symbol für Theater zwei Masken sind. Die Maske fallen zu lassen und mich zu erkennen zu geben empfinde ich als wahnsinnig lustvoll.
Wen immer Sie spielen, Sie wollen, dass das Publikum auf der Bühne Lars Eidinger sieht?
Wenn ich mich tatsächlich in jemand anderes verwandeln sollte, warum nimmt man dann nicht einfach jemand anderen? Theater ist ja nicht der Zirkus, wo man sagt: Wow, der kann sich verwandeln, ich habe ihn gar nicht erkannt! Früher dachte ich auch immer, Schauspieler sind toll, wenn man sie nicht erkennt. Heute würde ich das Gegenteil behaupten: Ich will den Schauspieler wiedererkennen!
Als ich angefangen habe mit Theater, hieß es immer: „Dein privater Scheiß interessiert hier nicht.“Aber ich glaube, das ist das Einzige, was interessiert. Nur wenn ich bereit bin, den Leuten meinen privaten Scheiß zu präsentieren, haben sie die Chance, ihren privaten Scheiß darin wiederzufinden.
Da nehmen Sie sich viel vor.
Nicht weil ich einen missionarischen Auftrag hätte. Ich will nicht die Gesellschaft ändern. Ich versuche mich zu ändern, mich in der Vorstellung selber komplett infrage zu stellen. Da geht es darum, sich nicht sich einzurichten oder festzufahren in einer Weltsicht, sondern sich immer wieder aufs Neue zu hinterfragen, sich auch öffentlich zu irren und zu täuschen.
Ist das in einer dermaßen überfrachteten Rolle wie dem Jedermann nicht besonders schwierig?
Ist die denn überfrachtet? In welcher Hinsicht?
Mit dem Stück ist viel verbunden: Schuld und Erlösung, 100 Jah
geboren am 21. 1. 1976 in Berlin. Bühnen-, TV- und Filmschauspieler, DJ, Musiker, Fotound Videokünstler. Seit 1999 Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne. Verheiratet mit Opernsängerin Ulrike Eidinger, eine Tochter.
Vielleicht steckt die Tragik schon im Begriff Klassiker. Es ist ein klassisches menschliches Problem und offenbar nicht zu überwinden.