Der Mann, der den Iran zum Gottesstaat machte
Katajun Amirpur zeichnet das bewegte Leben von Ajatollah Chomeini nach.
Die Revolution, die 1979 im Iran zum Sturz des Schahs und zur Ausrufung der Islamischen Republik führte, hat von Beginn an zahlreiche europäische Intellektuelle in den Bann geschlagen. In ihrer suggestiven Wirkung unübertroffen ist Ryszard Kapu´scin´skis literarische Reportage „Schah-in-schah“, in der der große polnische Journalist auf beklemmende Weise die Machtergreifung der Mullahs nachzeichnete. Nicht minder grandios ist das 1981 veröffentlichte Buch „Among the Believers“(„Eine islamische Reise“), in dem der spätere britische Nobelpreisträger V. S. Naipaul unmittelbar nach dem Umsturz im Gespräch mit einfachen Leuten im Iran zu ergründen versuchte, welche Hoffnungen diese in die Revolution setzten.
Im Dunkeln bleibt dagegen in diesen zwei und auch den vielen folgenden Werken die Gestalt des Mannes, ohne den es die Revolution in dieser Form nie gegeben hätte. In krassem Gegensatz zu den ikonischen Fotos, die von Ajatollah Chomeini (1902-1989) existieren, ist über die Person und das Leben des Revolutionsführers eigenartig wenig bekannt.
Diese Lücke versucht Katajun Amirpur nun mit einer ambitionierten Biografie zu schließen. Der Bogen, den die deutsch-iranische Islamwissenschaftlerin spannt, ist weit. Er reicht von der Kindheit Chomeinis unter der Obhut starker Frauen über seine Lehrjahre im theologischen Seminar, die ersten Auftritte auf der politischen Bühne Anfang der Sechzigerjahre und den Aufstieg zum großen Gegenspieler von Schah Mohammad Reza Pahlavi bis zur Installation der Theokratie im Iran, den auf sie folgenden Jahren des Terrors, Chomeinis Tod und dem erbitterten Kampf um sein Erbe.
Das Porträt, das Aminpur entwirft, ist das einer charismatischen Gestalt, die früh mit der quietistischen Tradition ihrer Lehrer brach, um die schiitische Lehre zum schärfsten Schwert der Revolution umzuschmeiden. Auch die Abneigung gegen den Westen prägte früh das Denken Chomeinis, der trotz vieler kundiger Exkurse und Einbettungen in historische und religiöse Zusammenhänge auch in dieser Biografie letztendlich undurchdringlich rätselhaft bleibt.
Khomeini. Der Revo- lutionär des Islams, C.H. Beck, 352 Seiten, 27,80 Euro