Perfekter Tag
Letzte Woche war ich seit 20 Jahren in keinem Freibad mehr. Diese Woche war ich. Und gut, es stieren dann doch sehr viele Leute sehr ausgiebig in ihre Handys. Ansonsten: Zeitreise, die Welt zwischen Sport- und Kinderbecken riecht nach
Chlor und Sonnenöl, am Sprungturm messen sich Buben unermüdlich in der Kunst, per Arschbombe die größtmögliche Einschlagsfontäne zu erzeugen. Der Rasen: kurz geschoren, aber voll Weißklee, was garantiert, dass pro Badetag mindestens ein Kind nach einem Bienenstich der Zufuhr von reichlich TrostSteckerleis bedarf. Novität: An der Kassa stehen jetzt Eiskisten von Eskimo und Schöller.
Im Buffet sorgte zwischen Frankfurter-, Wiener- und
Vor mehr als 30 Jahren war ich eine Woche lang in Japan. Ich mochte es auf Anhieb nicht. Über seine möglicherweise schönen Landschaften kann ich nichts sagen. Wie auch, Japan besteht aus 6.852 Inseln.
Nein, es waren vor allem die strengen Sitten und Gebräuche, die mich damals abschreckten.
So gab es acht Formen von „Ich“, die passend eingesetzt werden mussten. Selbst für niederrangige Arbeitnehmer waren
Pommesschwaden eine muntere kleine Hawarapartie, die sich ihren Platz an der Sonne schon tüchtig mit Bier heruntergekühlt hatte, für das nötigte Showelement, indem sie zum Mithören für alle gut eingesessene Meinungsverschiedenheiten austrug.
Überraschung: Eine jener eskalierte dann doch plötzlich so weit, dass der Bademeister die Kontrahenten nach kurzem Ohrfeigenwechsel trennte und einen von ihnen per Ehrenrunde durchs Gelände abführte. Der schmiss bei seinem Abgang noch rasch einen Tisch um, was ihm in Sachen Aufmerksamkeitsproduktion einen souveränen Punktesieg bescherte. Für einen perfekten Zeitreisetag brauchte es dann gar keinen Bienenstich mehr. weißes Hemd, Krawatte und Jacke Pflicht. Letztere durfte bei Sitzungen nur ausgezogen werden, nachdem der Chef sich der Seinen entledigt hatte. Auch war genau reguliert, wer sich bei einer Verbeugung an den Beinen abstützen durfte und wer nicht.
Visitenkarten mussten mit beiden Händen überreicht oder entgegengenommen und danach anerkennend gemustert werden. Und ich hasste die Bodensitzerei in den teureren Lokalen.
Damals florierten Love-Hotels. Das waren keine Bordelle, sondern Herbergen, in denen junge Ehepaare ein wenig erotische Privatesse fanden.
Das Fernsehen tagsüber von lächerlicher Biederkeit, ab 22 Uhr wurde dann gehauen, gewürgt, gestochen und kopuliert. Ich hasste dieses Land.
Bis ich mit dem Shinkansen von Tokio nach Kyoto reiste. Für die 450 Kilometer brauchten wir samt Halts zweieinhalb Stunden.
Der Zug fuhr mit bis zu 400 Stundenkilometern. Wir saßen auf breiten Einzelsitzen und schmausten aus Bentoboxen. Es war eine wirkliche Alternative zur blöden Inlandsfliegerei.
Das war vor einem Dritteljahrhundert! Und wir tschuggeln heute noch ganze vier Stunden von Klagenfurt nach Wien. – Europa sieht da sehr alt aus.
Übrigens: Die neuen MaglevGarnituren in Japan kommen auf 600 Stundenkilometer.