Kleine Zeitung Steiermark

„Das ist hier bei uns und nicht im Fernsehkas­tl“

- Von Jonas Pregartner

Samstagnac­ht bahnte sich plötzlich ein reißender Fluss seinen Weg mitten durch die Halleiner Altstadt. Verletzt wurde niemand, der Sachschade­n ist aber enorm. Jetzt wird aufgeräumt.

fällen eine Verkettung unglücklic­her Ereignisse, wie Bürgermeis­ter Alexander Stangassin­ger und Jakob Hilzensaue­r von der Stadtkommu­nikation schildern: zunächst die Verklausun­g, dann sei auch noch ein Auto vom Wasser mitgerisse­n worden und habe die Situation weiter verschärft. abei sei der Bach schon länger als Gefahrenqu­elle bekannt gewesen. Seit Herbst werde an einem Hochwasser­schutz gebaut, der sich aber verzögert habe. „Es hat Einsprüche gegeben von Naturschut­zseite und diversen Anrainern. Wenn es diese Verzöge

Drung nicht gegeben hätte, hätten die Überschwem­mungen ein viel geringeres Ausmaß gehabt oder ganz verhindert werden können“, wird Stangassin­ger zitiert.

Das letzte Mal, dass der Bach derart über die Ufer getreten war, sei übrigens 1976 gewesen, das jüngste schlimme Hochwasser habe man 2002 zu verzeichne­n gehabt, erinnert sich Hilzensaue­r. Den Inhabern von zahlreiche­n Geschäften, Lokalen, Wohnräumli­chkeiten und Kellern, die vom Wasser und Schlamm heimgesuch­t wurden, hilft ein derartiger Rückblick natürlich nicht weiter. Brugger hatte zunächst mit Wasser im eigenen Keller zu kämpfen, das habe man mittlerwei­le im Griff, sagt er. Nun unterstütz­t er die Inhaberin des Geschäfts – „sie ist eine Freundin von mir“– zusammen mit einigen weiteren Helfern, auch die Feuerwehr packt kräftig mit an.

Im Geschäft ist alles zerstört – das Wasser war auf der einen Seite hinein-, auf der anderen wieder herausgero­nnen. Glasfenste­r und Türen hatten dieser Wucht nichts entgegenzu­setzen – Regale wurden umgeworfen, Kleidungss­tücke auf die Straße gespült. Auch die Praxis

Ärztin gegenüber habe es derart stark getroffen, weiß der Bürgermeis­ter. Er findet – auch via Facebook-Posting – lobende Worte für die vielen Helfer der Geschädigt­en und bittet im Gegenzug Schaulusti­ge, diese doch nicht zu behindern. lle paar Meter kehrt, schaufelt oder schüttet jemand Schlamm aus einem Eingang. Bei vielen bedeckt das Braun auch Kleidung, Haut wie Haar – und im Gesicht klebt ihnen die Erschöpfun­g. Draußen ist schwereres Gerät im Einsatz: Löschfahrz­euge der Feuerwehre­n spritzen Pflasterst­eine von ihrem rutschigen Belag frei, Radlader schieben dickere Schlamm- und Sandschich­ten beiseite und hieven die Hinterlass­enschaften des Wassers zum Abtranspor­t auf Lastwagen. Rund 390 Feuerwehrl­eute aus dem gesamten

Asind mit 50 Fahrzeugen im Stadtgebie­t im Einsatz.

Ein Lichtblick inmitten der düsteren Wolken, deren Regen auch am Sonntag die vielen Helfer piesackt, ist neben der gelebten Nachbarsch­aftshilfe auch der Umstand, dass keine Verletzten oder gar Getöteten zu beklagen sind. Sehr wohl sei es aber in der Nacht zu einer brenzligen Situation gekommen, wie Hilzensaue­r berichtet: „Da hätte es fast drei Leute weggeschwe­mmt, aber die sind Gott sei Dank durch die Sogwirkung auf einen Parkplatz hineingezo­gen worden und haben sich dort auf eine Mauer gerettet. Sie sind dann von der Feuerwehr per Auto gerettet worden.“

Der Sachschade­n ist jedoch beträchtli­ch, gar katastroph­al, wie es der Bürgermeis­ter auseiner drückt. Eine Schadenssu­mme lasse sich noch nicht abschätzen. Auf den zweiten Blick offenbaren sich abseits der Gassen und Plätze noch weitere Schäden – hier ein luxuriöser SUV, der in einem Garten in einer braunen Lacke badet, dort drei Pkw in einem Hof, die das Wasser auf einen Haufen zusammenge­schoben hat. n den meisten Tür- und Torschwell­en noch zu sehen – prall gefüllte Sandsäcke. Die Angst vor erneuten Wassermass­en ist ob der Wetterprog­nosen nicht ganz unbegründe­t. Doch am Nachmittag entspannt sich die Situation, auch die Aufräumarb­eiten schreiten gut voran. „Wir schauen, dass wir so viel wie möglich heute aufräumen und in einigen Tagen die oberflächl­ichen Schäden beseitigt haben“, so Bürgermeis­ter StangasBun­desland

Asinger. Bis man aber auch der wirklich groben Schäden Herr werden könne, dauere es wohl „Wochen oder Monate“.

Man werde „beim Beseitigen der Schäden niemanden alleine lassen“, so Salzburgs Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer, der sich gemeinsam mit Stangassin­ger bei den Betroffene­n über ihre Lage informiert. Geholfen werden soll finanziell, mit Mitteln aus dem Katastroph­enfonds und mit Arbeitskra­ft – im Laufe des Nachmittag­s treffen 50 Bundesheer-Pioniere in Hallein ein.

Ist das Politiker-Duo weitergezo­gen, heißt es für die Halleiner und ihre Helfer wieder schaufeln, kehren, schütten, schleppen und spritzen. Und man versucht, zu fassen, was geschehen ist – „hier bei uns“, und nicht im Fernsehkas­tl, irgendwo weit, weit weg.

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PREGARTNER (2)
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APA Vor allem die Altstadt war schwer betroffen
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