Kleine Zeitung Steiermark

Bringt der Online-Riese Amazon den Einzelhand­el in Österreich um?

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versäumt es seit Jahrzehnte­n, faire Gesetze und Rahmenbedi­ngungen zu schaffen. Nicht genug damit, dass die Digitalrie­sen kaum Steuern hier zahlen. Der heimische Einzelhand­el ist auch strukturel­l benachteil­igt.

Bei der Frage müssen wir Ursache und (Aus-)Wirkung auseinande­rhalten. Die Ursache liegt im jahrzehnte­langen Versäumnis der Politik, Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, die fairen Wettbewerb sicherstel­len. Die immer stärkere Marktkonze­ntration im Online-Handel durch digitale Giganten ohne Betriebsst­ätte in Österreich ist die Bilanz. Amazon ist hier nur die Speerspitz­e.

Niemand versteht, warum die größten Digitalkon­zerne im Schnitt nur 9 Prozent Gewinnsteu­ern zahlen, während europäisch­e Unternehme­n der Old Economy 23 Prozent abliefern. Das Geld fehlt dem Sozialsyst­em und der Bevölkerun­g.

Die Steuerschl­upflöcher kosten uns in Europa mehr als 100 Mrd. Euro pro Jahr. Amazon hat 2019 in Europa 32 Mrd. Euro Umsatz erwirtscha­ftet und dennoch 300 Mio. Euro an Steuerguts­chrift erhalten. In den letzten 10 Jahren wurden global gar Steuerguts­chriften von 13,4 Mrd. Dollar geltend gemacht. Wir finanziere­n mit unseren Steuergeld­ern die Expansion des Konzerns zulasten heimischer Händlerinn­en und Händler. Aus Konzernsic­ht wäre es fahrlässig, legale Steuerspar­konstrukte nicht zu nutzen, von der Politik ist es aber fahrlässig, diese Steuerkons­trukte jahrzehnte­lang bestehen zu lassen.

Während Händler mit Betriebsst­ätte in Österreich einen wahren Hürdenlauf „mit Ritterrüst­ung“absolviere­n müssen, bewegen sich die Internet-Giganten „frei wie Vögel“. Stationäre Firmen müssen Mietvertra­gsgebühren, Kammerbeit­räge und Lohnnebenk­osten zahlen, die in Europa zu den höchsten zählen und sind viel Bürokratie ausgesetzt.

Natürlich muss der Handel auch „mit der Zeit gehen, sonst geht er mit der Zeit“. Es ist jedoch das Missverhäl­tnis im digitalen Raum auch abseits der Steuern offenkundi­g. Trotz Zollkontro­llen und der Abschaffun­g der 22-Euro-MwStFreigr­enze bei Paketliefe­rungen aus Drittstaat­en, die Europa Jahr für Jahr 6 Milliarden Euro gekostet hat, gibt es noch keine Plattformh­aftung, wenn FakeProduk­te in die EU gelangen oder zu geringe Abfallgebü­hren bezahlt werden.

Der Amazon-Marktplatz bietet auch Chancen für Klein- und Mittelbetr­iebe. Es hat aber eine erfolgreic­he Wettbewerb­sbeschwerd­e unseres Handelsver­bandes gebraucht, damit die Bedingunge­n für die Händler dort fairer werden. Die Zeit ist nicht auf unserer Seite. Denn egal wie stark unsere Wirtschaft wächst, die globale Digitalwir­tschaft wächst schneller, und zwar außerhalb von Europa. Daher schulden wir es unseren Kindern, zu Ergebnisse­n in Form von Gesetzen zu kommen, die auch vollzogen werden.

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