Nächster Schlag für die Stadt: Brühl sperrt zu
Mit „Brühl & Söhne“schrieb Kurt David Brühl eine Erfolgsgeschichte. Sieben Jahre nach seinem Tod sperrt auch das Stammhaus zu – eine Hiobsbotschaft für die Innenstadt.
Kurt David Brühl gehörte zu den großen Söhnen dieser Stadt. Als Unternehmer hat er den Grazern nicht nur britischen Lifestyle, sondern auch Modehäuser von internationalem Format gebracht. Als Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde hat er über 20 Jahre viel für die Verständigung der Kulturen und Religionen getan – und auch die Wiedererrichtung der Synagoge durch die Stadt Graz erlebt.
Nachdem er die Zahl der Modehäuser seines Imperiums schon zu Lebzeiten reduzieren musste, zeichnet sich, sieben Jahre nach seinem Tod, das letzte Kapitel der Geschichte von „Brühl & Söhne“in Graz ab. Die Belegschaft ist schon infor
mit Ende des Jahres sperrt das Stammhaus in der Schmiedgasse zu. Vor wenigen Monaten ließ das Unternehmen die Kleine Zeitung auf Anfrage noch wissen, „wir kaufen gerade die Herbstkollektion ein, von Schließung ist keine Rede“. Nun heißt es zerknirscht: Die Frequenz – nach der Pandemie – reiche nicht, um die 1600 m2 Verkaufsfläche rentabel zu führen: „Wir bedauern zutiefst, dass unser Familienunternehmen die Entscheidung treffen musste, sich von der Grazer Innenstadt zu verabschieden.“
Für die Innenstadt ist das erneut ein schwerer Schlag. Ein weiteres Traditionshaus, das zur Identität der City beigetragen hat, verschwindet. Am Höhepunkt der Unternehmensgeschichte hatte Kurt David Brühl 1984 das ehemalige Kaufhaus Schönbauer Am Eisernen Tor prunkvoll renoviert. Diese Filiale brachte Graz einen Hauch von Harrods – ein Unterfangen, das fast 25 Jahre später Kastner & Öhler mit dem Großumbau in der Sackstraße wiederholen sollte.
Doch Brühls „Harrods“-Filiale ist auch Sinnbild für den Niedergang des Einzelhandels in Graz – oder von Ortskernen insgesamt. Als Brühl Am Eisernen Tor das Handtuch geworfen hat, ist H&M eingezogen. Inzwischen hat in der Nachbarschaft mit Zara sogar schon ein internationaler Großfilialist auf seinen Flagship-Store im Zentrum verzichtet. Die Spanier begnügen sich mit ihrem Laden in der Shopping-City-Seiersberg.
Die Politik versucht, mit Gramiert, tis-Altstadt-Tram in der Innenstadtzone, nun auch Freifahrt in Bus und Bim und TiefgaragenRabatten an Sommer-Samstagen, Frequenz in die City zu bringen. Bürgermeister Siegfried Nagl hat eine eigene CityAgentur bei der Holding Graz konzentriert. Zuletzt diskutierte man Erweiterungen der Fußgängerzonen. Der Erfolg dieser Bemühungen ist bescheiden.
Seit Jahren verschwindet ein Traditionshaus nach dem anderen. Das Papierfachgeschäft Schediwy in der Sporgasse sperrte 2020 nach 82 Jahren zu. Das Geschäft steht immer noch leer. Selbst in der Herrengasse standen zwischenzeitlich bereits ganze acht Geschäftslokale leer. Und auch das prominente Spitz-Haus wartet seit Jahren auf einen Mieter.