Umkehr am Arbeitsmarkt
Atemberaubend“nennt Arbeitsminister Martin Kocher den Aufschwung am Arbeitsmarkt. Und einen langen Atem brauchen auch viele Unternehmer, die nach Arbeitskräften suchen. Denn das Hochkochen der Wirtschaft verstärkt einen Trend, der sich schon vor der Krise bemerkbar machte: die zunehmende Umkehr am Arbeitsmarkt.
Über Jahrzehnte konnten Firmen bei der Stellenbesetzung aus vielen Bewerbungen auswählen. Als einzelne Branchen nach der Jahrtausendwende von Problemen bei der Suche nach Fachleuten klagten, wurden sie noch belächelt. Heute ist der Fachkräftemangel längst in der Wirtschaft angekommen und manche Betriebe können nicht einmal Hilfsarbeiter-Jobs besetzen. Viele offene Stellen treffen auf wenige passende Arbeitswillige.
Damit kehrt sich das Machtgefälle im Arbeitsmarkt um. Nicht mehr Firmen bestimmen die Konditionen, es sind Arbeitnehmer. Es gibt neue Forderungen – von Work-Life-Balance über Flexibilität bis zu weniger Stunden bei voller Bezahlung. Dieser Wandel ist für viele schwer zu begreifen. tatt die vielen offenen Stellen als Zeichen des Aufschwungs zu werten, werden diese als negativ eingestuft und eine Reform des Arbeitslosengeldes gefordert. Als ob die Zahl der heiß begehrten, gut ausgebildeten Menschen damit schlagartig steigen würde. Dabei ist es recht einfach: Am Ende gewinnt das Unternehmen mit dem besten Angebot und das muss sich eben nicht immer in Euros ausdrücken. Für manche wahrlich eine verkehrte Welt.
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