Collagiertes Textgestrüpp
Kapitalismuskritik als Lockdown-Poesie: Effe U Knust im Parallelprogramm des steirischen herbst.
Wenn gerade ein Rumpeln durch die Innenpolitik geht, kann es schon sein, dass der mit „Aus aktuellem Anlass“beginnende Titel erst einmal ungewollt auf die falsche Fährte führt. Doch dann beginnt das Stück auch noch mit dem Wörtchen „kurz“. Aus Absicht?
Mit „Aus aktuellem Anlass: Delphine in Triest“legt die Wienerin Anah Filou aka Effe U Knust im Theater am Lend ein assoziativ aus Gedanken- und Zitatfetzen collagiertes Textgestrüpp vor, das immer wieder irgendwo falsch abbiegt. Ausgangspunkt ist die LockdownSituation. „Die Autorin ist immer dümmer als die Aufführung“, heißt es da im Bewusstsein des ephemeren Charakters dieser Ausnahmesituation. Zentrale Motive der Pandemieerfahrung werden multiperspektivisch mit Kapitalismuskritik verschnitten: „Mehr Amazon, weniger Amazonas“.
Anja M. Wohlfahrts Regie versucht gar nicht, gegen die Überforderung zu arbeiten, die der Text darstellt, sie lässt ihre großartigen Schauspielerinnen Clara Diemling, Naemi Latzer und Anna Morawetz vor wechselnden Projektionen (Ausstattung: Andrea Meschik) die Sätze tanzen. Gemeinsam mit der kongenialen Musik von Patrick Dunst und Grilli Pollheimer macht sie hörbar, welcher Groove Knusts Sprache innewohnt. Ein Fest der kritischen Töne.
Hermann Götz „Aus aktuellem Anlass: Delphine in Triest“
von Anah Filou.
8., 9., von 14. bis 16. 10., 20 Uhr, Theater am Lend, theateramlend.at