Die Stunde der Diplomaten
Mit Michael Linhart übernimmt ein erfahrener Profi das Außenamt.
Gestern noch Botschafter in Paris, heute schon unter den Augen Maria Theresias in der Hofburg angelobt – das dürfte auch für Michael Linhart überraschend gewesen sein. Eine schlechte Wahl war es für Bundespräsident Alexander Van der Bellen jedoch nicht, wie er bei der gestrigen Angelobung betonte: „Schließlich kennt er das internationale Parkett hervorragend.“
Diese Aussage dürfte nur für wenig andere Diplomaten mehr zutreffen als für den neuen Außenminister. Der grau melierte 63-Jährige ist ein Diplomat der alten Schule – vom korrekt gezogenen Scheitel bis zur Sohle. Er spielt in der höchsten Riege heimischer Gesandter. Wenngleich im Auftreten lockerer, wie sich an seinen diversen Auftritten in den sozialen Medien erkennen lässt. Da er von 1995 bis 2000 im Kabinett des damaligen ÖVP-Außenministers und späteren Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel auch als außenpolitischer Berater wirkte, ist seine politische Heimat klar abgesteckt – er ist eher dem christlich-sozialen Stamm als dem türkisen Arm zugeneigt.
Wie seinem zum Bundeskanzler avancierten Vorgänger Alexander Schallenberg wurde auch Linhart die Diplomatie quasi in die Wiege gelegt. Er erblickte am 31. August 1958 in Ankara das Licht der großen, weiten Welt, weil sein Vater, ein gebürtiger Grazer, seinerseits in der türkischen Hauptstadt als Diplomat stationiert war. Zuletzt war Michael Linhart seit 2018 Botschafter in Paris, davor hatte er ab 2013 das Amt des Generalsekretärs im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) bekleidet, war damals also der ranghöchste Beamte im BMEIA.
Die Affinität zur Politik liegt offenbar in der Familie: Sein um rund ein Jahr jüngerer Bruder Markus Linhart (ÖVP) war von 1998 bis 2020 Bürgermeister in Vorarlbergs Landeshauptstadt Bregenz.